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3. Zweitens ist in der altchristlichen Kunst die Erde
auch persönlich dargestellt in einem entgegengesetzten
Sinn, als unterworfen, als Schemel der Majestät. S0
findet sich die Figur der Erde auf dreierlei Denkmälern zu
Ehren christlicher Kaiser aus der zweiten Hälfte des
vierten Jahrhunderts. Das erste ist das barberinische
Diptychcn wahrscheinlich vom J. 357, dessen Hauptfigur
in dem grossen Mittelfelde der Kaiser Constantius zu
Pferde ist, vor welchem frei in der Luft eine Victoria
erscheint, Palme und Kranz ihm entgegenbringend (s. Th.I.
S. 173). Vor ihm auf dem Boden aber sitzt ein Weib
mit aufgelöstem Haar: ihre rechte Brust ist entblösst, mit
der linken Hand hält sie auf ihrem Schooss ein Tuch,
worin drei Früchte liegen. Dadurch ist diese Figur als
die Erde bezeichnet: sie unterstützt mit der rechten
Hand den einen Fuss des Kaisers, ein Zeichen der Hul-
digung und eine Vorbedeutung, dass seine Schritte auf Erden
leicht und bequem sein sollen. Andererseits erscheint
sie in einem Münztypus, wodurch eine sichere Zeitbe-
Stimmung dargeboten wird. Auf zwei Medaillons des
Kaisers Valens (3611-4378) nehmlich, im Museum zu
Wien 1), von ausserordentlicher Grösse sieht man unter
der Aufschrift GLORIA BOMANOBUM den Kaiser zu
Pferde, dem eine weibliche Figur entgegenkömmt, von
deren Haupt Strahlen ausgehen und die in der Linken
eine brennende Fackel trägt, das ist vermuthlich
der personiiicirte Orient (s. unten "S. Unten
ist die personificirte Erde gebildet als eine halbnackte
weibliche Figur, liegend, mit einem Füllhorn im linken
Arm, während sie mit beiden Händen ihr Gewand zu-
l) Abgeb. und erläutert bei Steinbüchel Notice sur les mäd,
Rom. en or du Musee de Vienne Pl. II, 1. 2. p. 15. 21, 8. 9,
Bei Eckhel Doctr. numm. T. VIII. p. 153. werden dieselben
nur kurz beschrieben.