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2. Erstens in sepulcraler Bedeutung. Auch dem heid-
nischen Alterthum ist der Gedanke geläuüg, dass alles,
was von der Erde gekommen ist, wieder zu Erde wird.
Es fand auch ohne Beziehung auf mythologische Urabstam-
mung allein die physiologische Thatsache ihre Würdigung.
Und in der unabweislichen Anerkennung dessen kommen
Männer der verschiedensten Art, auch von entgegenge-
setzter philosophischer Ueberzeugung überein, wodurch
freilich der Gedanke eine verschiedene Anknüpfung und
Begründung erhält. Xenophanes, der Stifter der e]eati-
Schen Philosophie, erklärt in grösster Allgemeinheit I):
5x yuiq; yräg nciura zai u"; yäu näwa Telsvrgl
Ihm gegenüber steht ein Anhänger der epicureischen
Lehre, Lucretius mit dem gleichen Ausspruchz):
quoniam dubio procul esse videtur
Onmiparens eadem rerum commune sepulcrum.
Insbesondere findet sich der Gedanke nicht selten
da ausgesprochen, wo die sterblichen Ueberreste der
mütterlichen Erde übergeben werden, wie auch der
sterbende Cyrus bei Xenophon darauf hindeutet in den
Worten 3): „Meinen Leib, Kinder, wenn ich werde vollen-
det haben, sollt ihr weder in Gold noch in Silber, noch
in etwas Anderes legen; sondern aufs baldigste der
Erde übergeben: denn was ist seliger als dies, als mit
der Erde vermischt zu werden, welche alles Schöne
und alles Gute hervorbringt und nährt." Namentlich in
Grabschriften 4), wie in der schönen Inschrift aus Cor-
1) Xenop han. (fr. bei Sext. Empir. Adv. Mathem. X, 313. p. 539.
Bekker) Fragm. 8. ed. Karsten.
2) Lucret. Ber. nat. V, 259. 260.
a) Xenoph. Cyropzxed. VIII, 7, 25.
S. die Grabschrift aus Athen, jetzt im hrittischen Museum,
Boeckh Corp. Inscr. n. 749. v. 2:
3x yuia; ßlladraiu yaia nällw yäyova.