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Unter den Denkmälern der alten Kunst findet sich
die selbständige Darstellung der Erde zwar nur selten 1).
Desto häufiger ist sie in spätrömischer Zeit in Neben-
werken gebildet, hauptsächlich in Ermangelung der Land-
schaft, um die Scene zu schildern und zu beleben. Wäh-
rend sie aber in der frühern griechischen Bildung ohne
äussere Abzeichen, nur mit dem Diadem, der Krone,
demnächst mit der Mauerkrone oder dem Modius auf
dem Haupte erscheint, mehren sich in diesen spätern
Werken die Attribute 2). Sie wird darin meist liegend
gebildet, mit nacktem Oberleib; die nähere Charakteristik
ihrer Figur schliesst sich an den Begriff der allhervcr-
bringenden und allnährenden Göttin an. In der Regel
hat sie ein Füllhorn mit Früchten 3); überdies erscheint
sie mit Aehren und Weinlaub bekränzt 4); oder sie hat
Blumen im Schooss 5). Nicht selten ist sie von zwei
oder drei Kindern (welche nicht nothwendig als die Jahres-
zeiten aufzufassen sind, sondern auch bloss das Prädicat
kindernährend ausdrücken können) begleitet 6). Auch
Eine Olympische Gäa, bemalte Thonfigur aus Athen im ältesten
griechischen Stil im Berliner Museum, Panofka Terracotten
des K. Mus. zu Berlin S. 13. Taf. II. vergl. Taf. I, 2. 3.
Eiue Gäa xovgorgzilpu; Ebendas. S. 143. Taf. LIV, '1.
2) Ueber ihre ganze Bildung s. Stark l. e. p. 41.
i") Gäa mit Füllhorn und Mohn, an einen Eichbaum gelehnt, auf
dem eben erwähnten Sarkophag im Museum zu Neapel, s. oben
S. 50. Anm. 6. S. übrigens Böttiger Ideen zur Kunstmythol.
Il. S. 379. O. Jahn Archäol. Beitr. S. 60.
Auf einem Sarlrophag mit dem Raub der Proserpina, Mus. Capit.
T. IV. Tab. 55. Welcher Zeitschr. für d. a. K. S. 28.
.5) Auf einem Endymionrelief aus Ostia in der Glyptothek zu
München (n. 197.); Gerhard Ant. Bildw. Taf. 37. S. 281, wo
die Figur für die Nymphe der Gegend erklärt wird.
Auf der Gemma Augustea in Wien (O. Müller Handb. der
Archäol. d. K. S. 200. A. 2. S. 232.) erscheint die Erde mit