689
Lambek meint, sie begleite Adam und Eva aus dem Pa-
radiese gleichsam des Trostes halber. Indessen so in der
Geschwindigkeit konnten die Starnmeltern sich schwerlich
trösten über das verlorene Paradies. Das begleitende
Gefühl bei ihrer "Vertreibung, dem der Künstler hier Ge-
stalt gegeben, musste wohl ein ganz anderes sein, nehm-
lich Reue. Und so wird ohne Zweifel mit Recht von
Montfaucon und Bottari jene lügur für die fllatlfrütot oder
Poenitentia erklärt 1). Es wäre freilich keine Veran-
lassung, schon an dieser Stelle, wo nur von antiken Mo-
tiven die Rede, dieses Bildes zu gedenken, wenn nicht
auch bei den Alten schon dieselbe Vorstellung sich fände.
Schon Phidias würde die Reue gebildet haben, wenn ein
spätes Epigramm, welches ihm eine solche Statue bei-
miSSW), geschichtlichen Glauben hätte; in der That aber
war sie vonyAnelles in dem Gemälde der Verleumdung
vorgestellt in schwarzem zerrissenen llrauerkleid, weinend
und voll Schaam die sich nähernde Wahrheit nur von der
Seite anblickend 3). Doch soll damit nicht gesagt sein,
dass mit solchen Vorbildern jene biblische Composition
in einem äusseren Zusammenhang stehe.
Seit
dem
funfzehnten
Jahrhundert.
In umfassender Weise wird für die Darstellung mensch-
licher Eigenschaften und Zustände von antiken Motiven
Gebrauch gemacht erst seit der zweiten Hälfte des löten
Jahrhunderts, zumal in Italien, wo das Studium des klas-
sischen Alterthums mit so grossem Eifer ergriffen wurde,
Und zwar finden sich diese Personiiieationen zuerst auf
Montfaucon Palaeogr. Gr. p. 191. Bottari Scult. e pitt.
sagre T. I. p. 105.
4') Auson. Epigr. XII. in simulachrunn Occasionis et Poenitentiace.
a) Lucian. Caluln. non tem. cred. c. 5.
Pipcr, Mythol. u. Symbol. d. chr. Kunsi I. 2. 44