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künstlerischen Anschauung zu persönlichem Dasein er;
hoben, demnach als Personen vorgestellt wurden.
Aber gegen Ausgang des Mittelalters macht sich auch
hier die Einwirkung der Antike bemerklich, der zufolge
von der Kunst, die nach Erweiterung strebte, ethische
Personificationen von heidnischer Erfindung vielfach an-
geeignet wurden.
Von solcher Aneignung antiker Kunstvorstellungen
soll hier noch wie gleich zu Anfang angekündigt
ist 1) einige Nachweisung gegeben werden.
Im
christlichen
Alterlhum.
ln Betreff der antikisirenden Darstellung geistiger
Eigenschaften als Personen kommen aus der ersten Pe-
riode der christlichen Kunst bis in's achte Jahrhundert
nur einige wenige Denkmäler in Frage, deren Zahl sich
noch verringert, wenn man die ausschliesst, die vermöge
ihres Ursprungs oder bei einer richtigen Erklärung der
Figuren entweder gar nicht oder nicht mit Sicherheit
dahin gezählt werden dürfen. Und auf Denkmälern mit
eigenthümlich christlichen Kunstvorstellungen sind solche
Personificationen, die der Antike nachgebildet wären, fast
gar nicht nachzuweisen.
l. Denn in den Reliefs und Gemälden der Kata-
komben, welche der alten Kunst am nächsten stehen,
aber doch durchgängig christliche Gegenstände darstellen,
sind dergleichen ethische Personilicationen, wie es scheint,
überhaupt nicht angewendet worden. Zwar in zwei Fi-
guren eines Sarkophagreliefs, von denen die eine eine
Fackel hält, die andere Augen und Hände erhebt, hat
Bottari geglaubt?) die Liebe und die Hoffnung zn er-
1) Oben Th. I. S. 18 f.
2) Bottari Scult. e pitt. sagre T. I. p. 105. Ihm isl, Baoul-
ßocheLle gefolgt, Trois. Möm. sur les autiq. ehrt-t. p. 184.