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mit der einen Hand deutet sie auf die Gesetzsammlung
des deutschen Reichs, worauf das Schwerdt als Zeichen
ihrer Macht ruht, mit der andern hält sie den kaiser-
lichen Schild mit dem Reichsadler.
3. Wenn wir hiernach noch auf die neuere Poesie
einen Blick werfen; so ergiebt sich, dass dieselbe mit
der Personiiicalion von Städten und Ländern sparsamer
ist, als wie es bei den Flüssen sich gezeigt hat. Zwar
werden bei Shakspeare die Fürsten nicht selten mit dem
Namen ihrer Länder bezeichnet, z. B. im König Johann
sagt Eleonore, dessen Mutter 1):
Ich sehe Willfahrung in Frankreichs Blicken;
und gleich darauf der König Philipp von Frankreich:
Bed' England erst, das erst sich hingewandz
Zu dieser Stadt zu reden.
Was jedoch mehr eine Redeweise im Sinne der Lehns-
herrlichkeit und keine Personification, sondern eher das
Gegentheil ist, sofern nicht das Land mit Persönlichkeit
bekleidet, sondern eine Persönlichkeit, das Oberhaupt des
Landes, mit demselben identiiicirt wird. Aehnlich ist die
Rede bei Schiller im Wilhelm Tell, wo die drei Männer
im Namen der drei Urkantone sich verbünden 2):
Und so wie wir
Drei Männer jetzo, unter uns, die Hände
Zusammeuflechten, redlich, ohne Falsch,
So wollen wir drei Länder auch zum Schutz
Und Trutz zusammenstehn auf Tod und Leben.
Shakspeare König Johann, II. Aufz. 1. Sc. W. von Schlegel
u. Tieck Bd. I. S. 29. S0 heisst es auch im Hamlet, I. Aufz,
2. Sc. W. Bd. VI. S. 14:
und dem zu Ehren
Soll das Geschütz haut jaden frohen Trunk,
Den Däinmark ausbringt, an die Wolken tragen.
Wilh.
42.
2) Schiller
ßa. v1. s.
Tell,
Aufz.
AuSQ"
VOD
1835.
43