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Indem wir hiernach zu der allgemeinen Vorstellung
von Stadt und Land uns zurückwenden, finden wir uns
an der Grenze der christlichen Kunst, die jedoch ausser
den Vorbildern des klassischen Alterthums noch andere
Voraussetzungen auf dem ihr eigenen Gebiet christlicher
Denkweise hat, worauf wir zunächst jetzt übergehen.
Bei
den
Christen.
An die vorhin angeführten heidnischen Kunstver-
Stellungen reihen sich seit dem 4. Jahrhundert zahlreiche
Denkmäler der christlichen Kunst, welche Stadt und Land
in menschlicher Figur vor Augen stellen. Der herrschende
Begrilf derselben ist natürlich der rein allegorische, in-
dem man aus der antiken Vorstellung das künstlerische
Motiv heriibernahm, die religiöse Bedeutung aber, d. h.
den heidnischen Gedanken abwies. Denn dass die Christen
von Anbeginn den Cultus eines Genius oder einer Tyclie
von Stadt und Land verwarfen, versteht sich von selbst,
wenn man sich erinnert, wie viele von ihnen als Mär-
tyrer in den Tod gegangen sind, um nicht dem Genius
eines Kaisers zu opfern oder bei ihm zu schwören 2).
Den positiven Gehalt aber des monotheistischen Gegen-
satzes gegen diesen Götzendienst erschliesst ein Wort
des Herrn, wo er gegenüber dem alttestamentlichen Ge-
bot, keinen falschen Eid zu thun und Gott den Eid zu
halten, das evangelische Gebot giebt, überhaupt nicht zu
schwören, auch nicht bei dem Himmel, denn er ist Gottes
Stuhl, noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füsse
Schemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist eines grossen
l) Zuerst, Polycarpus Bischof von Smyrna,
T) 'l'ertullinn. Apologet. c. 32. Ad nat.
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