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Eine höhere Stellung scheint im ursprünglichen Cultus
die T1599; äscöv oder fdyaäri T6147, lateinisch Bona dea
gehabt zu haben, nehmlich als Göttermutter, welche den
beseelenden Dämon des Ortes, das Unterpfand alles Städte-
und Völker-Glücks, vornehmlich in Schlangengestalt, bei
sich hegt 1). Sie selbst wurde auch als Städte gründend
und Städte erhaltend 2) verehrt und findet sich in solcher
Eigenschaft auf Münzen abgebildet a). Doch ist von dieser
allwaltenden Tyche oder Götter-Fortuna die besondere
Gottheit der einzelnen Städte und Länder zu unterschei-
den, die theils weiblich theils männlich gedacht wurde
und in ersterer Gestalt ebenfalls den Namen Tyche führt.
Bekannt sind in den Hauptstädten des römischen Reichs
die Heiligthümer ihres Stadt-Glücks: zu Alexandrien im
Tempel der Tyche war ihr Standbild, von welchem die
Erde gekrönt wurde, die selbst wieder den Alexander
krönte4); zu Antiochien war in einem viersäuligen offe-
nen Tempelchcn eine hochverehrte Statue der Tyche, von
Erz und vergoldet, deren Haupt von den Statuen der
Könige Seleucus und Antiochus bekränzt wurde, ein
Werk des Eutychides von Sikyon, eines Schülers des Ly-
sippus 5). Weiter hinauf lässt sich der Cultus der Tyche
in Smyrna verfolgen, wo auch ein Tempel derselben in
einer Inschrift unter Hadrian erwähnt wird 6). Eigene
Gerhard Ueher Agathodämon und Bona dea, Ebendas. 1847.
S. 468.
2) cpegänolz; bei Pind. fr. 14. p. 565. Bqeckh.
s) Auf Münzen von Nicäa, Eckhel Doctr. numm. T. II. p. 426.
Gerhard a. a. 0. S. 485. A. 37.
4) Liban. Exwg. T. IV. p. 1114. Reiske. Vergl. O. Müller
Antiq. Antioch. p. 40- 1101. 9-
4') Pans an. VI, 2, 4. Malal. Chronogr. Lih. XI. ed. Ox. l. p. 360.
ed. Bonn. p. 276.
ß) Boeckh C_ T_ 11, n, 3148. v. 14. Ein mythischer Ur-
sprung wird dem Cullus der Tyche in Scythopolis (Nyssa) in