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Krönung des ganzen Werks zwei bärtige Figuren, welclw
sitzend und mit dem Rücken einander zugekehrt, mit dem
einen Arm auf eine Urne sich stützen, in der andern Hand
ein Füllhorn halten.
3. Desto häufiger ist die Vorstellung der Flussgötter
in der neuern Kunst seit dem 16. Jahrhundert: von dem
herrschenden Interesse für die Ideen und Kunstvorstellungen
des klassischen Alterthums, woraus dieselbe hervorgeht,
sind auch biblische Compositionen nicht unberührt ge-
blieben, obwohl dieselben in dieser Zeit doch nur
ausnahmsweise mit der Figur eines Flussgottes ausge-
stattet werden.
Vor allen hat Raphael das Motiv einigemal angewandt
in den Kuppelhildern der Loggien des Vatican, seiner
sogenannten Bibel. Zuerst bei dem Durchgang der Is-
raeliten durch den Jordan 1) in der zehnten Arkade, wo
im Hintergrund Josua mit gen Himmel erhobenen Händen
erscheint: in der Mitte des Vordergrundes sieht man die
Bundeslade, die durch den Fluss getragen werden soll;
links sitzt der Flussgott, ein halbnackter bärtiger Mann,
der ihr den Durchgang öffnet, indem er mit beiden Händen
die Wogen zurückdrängt. Sodann in der zwölften Ar-
kade bei der Salbung Salomo's zum König 2) zeigt sich
vorn rechts ein Flussgott, sitzend, mit Sehilfrohi- in der
Linken und den rechten Arm auf einen Tigerkopf stützend.
Sonst aber ist, wo noch Fluss und Meer in den Loggien
Raphaels vorkommen, bei dem Durchgang durch das rothe
Meer so wie bei der Taufe Christi, eine solche Personi-
fication nicht aufgenommen.
Aber geschildert ist Bezug auf die evangelische
Geschichte der Jordan alsFlussgott von Sannazar in seinem
Urbino
223.
F) Passavant Rafael von
2) Passavant a. a. O. S.
220