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Ganz abweichend ist die Vorstellung in einem Evange-
listarium der Universitätsbibliothek zu Prag aus dem H.
Jahrhundert I): der Jordan, ein nackter Jüngling, giesst
aus einem länglichen Gefäss von oben auf das Haupt
Christi Wasser aus, so dass er bis zu den Füssen ganz
davon umgeben ist. Aus derselben Zeit (vom J. 1022)
ist ein Relief der Taufe Christi als erste Gruppe an der
ehernen Säule des Bernvvard Bischofs von Hildesheim, an
deren Basis die vier Paradiesesflüsse in menschlicher Ge-
stalt zu bemerken waren: hier sitzt der F lussgottam Rande
der Scene und lässt seiner Urne das Wasser entströmen,
aus welchem Christus mit halbem Leibe' hervorragtz).
Wiederum die beiden Fluss- oder vielmehr Quellgötter
des Jordan, nackte Figürchen, die einander gegenüber
sitzend aus ihren Urnen das Wasser ausgiessen, in (oder
eigentlich vor) welchem Christus in ganzer Figur sichtbar
ist, erscheinen in einem Elfenbeinschnitzwerk 3), mit der
Umschrift:
Abstersit Christi baptismus erinlina mundi,
welches der Deckel eines griechischen Lectionarium aus
dem M. Jahrhundert im Dom zu Trier enthält. Eigen-
thümlich plastisch und effektvoll ist die Coinposition eines
ltliniaturbildes in dem Hortus deliciarum der Herrad von
Landsperg aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts 4):
da ist der Himmel über Christus mittelst weit aufgesperrter
31.15.21. Waagen im Deutschen Kunstbl. 1850. N0.17. S. 130.
2) Kratz Der Dom zu Hildesheim Th. II. S. 67. Augusti Bein:
zur christl. Kunstgesch. Th. l. S. 205.
1') Ein Gypsabguss ist in der christl. archäol. Kunst-Samml. der
Univ. zu Berlin. Daselhst. nimmt die 'l'aul'e Christi die untere
Hailfle ein, in der obern Abtheilxmg sieht man die Darstellung
Christi im Tempel.
4) Engclhardt Herrad von Landsperg S. 38.