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sagen", doch ohne die letztere zu verwerfen. Die
ganze Entgegensetzung ist ja freilich sehr verfehlt und
die theologische Erklärung einseitig genommen eben so
irrthümlich, als wenn die Erscheinungen der Natur von
der Vorsehung abgelöst werden, während sie vielmehr,
wie sie aus natürlichen Ursachen hervorgehn, so zugleich
ein Ausdruck des stets lebendigen und fortwirkenden gött-
lichen Willens sind.
4. Zwischen diese beiden Erklärungen, die theologische
und philosophische, tritt nun die künstlerische ein. Zuerst
bei Raphael in seinen Tapeten: Veranlassung gab ihm die
Seene mit Paulus und Silas im Gefängniss zu Philippi,
wie ein gewaltiges Erdbeben entstand, dass die Grund-
vesten des Gefängnisses sich bewegten und die 'l'hüren
aufsprangen und Aller Fesseln sich löseten (Apostelgesch.
16, Da hat der Künstler dem Erdbeben nach my-
thischer Art eine persönliche Ursache gegeben: es ist
ein Riese, der in der Oeifnung der Erde erscheint, die
er mit Schultern und Armen aufhebt 1). Aehnlich lässt
Goethe das Erdbeben auftreten im 2. Theil des Faust 2).
Flüsse.
Nachdem das Meer neben der Erde als eins der
Elemente der Welt wie die heilige Schrift Himmel,
Erde und Meer zusammenstellt früher in Betracht
gezogen worden (S. blieb es noch übrig, die Dar-
stellung der einzelnen Gewässer auf Ader Erde, der Flüsse
und Meere, zu verfolgen. Es führt dies auf eins der
reichhaltigsten Gebiete der christlichen Kunstmythologie:
denn diese Personification hat nicht allein eine ähnliche
1) Passavant Rafael von Urbino Th.
Bcschreib. Bom's II, 2. S. 399.
2) Goethe Nachgel. W. Bd. I. 1832. S.
250.
Platner
136 ff.