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wenn er keinen Ausweg findet, die Erde erheben macht;
doch kann auch innerer Erdsturz und Wassersandrang die
Ursache sein. Wenn Isidorus daran die Erklärung knüpft,
das Erdbeben beziehe sich auch auf das Gericht und die
Bekehrung, wenn irdisch gesinnte Menschen vom Geiste
Gottes gerührt werden; so ist das lediglich eine allegorische
Deutung des Wortes, ohne dassdiese innere Thatsache
mit jenem Naturereigniss (wie bei Chrysostomus) com-
binirt würde. Mit Beseitigung dieser Allegorie folgen
die nächsten Schriftsteller über die Natur ganz dem Isidorus
in der Ableitung des Erdbebens von eingeschlossenem
Winde; namentlich Beda 1) und Honorius von Autun 2).
Weiter verbreitet sich darüber Vincentius von Beauvais,
der ausser Isidorus, auch Seneca und Aristoteles benutzt 3).
Endlich giebt Albertus Magnus in seiner Meteorologie
einen eigenen umfassenden Tractat über das Erdbeben,
worin er sich ganz im Kreise der alten Philosophen be-
wegt und umständlich die verschiedenen Ansichten der-
selben vorträgt; er bleibt dann bei der Erklärung des
Aristoteles stehn, dass der Wind die Ursache sei, deren
Anhänger er nachweiset, und bestätigt sie durch Be-
urtheilung ihrer Gegner.
Um dieselbe Zeit (zu Anfang des 13. Jahrhunderts)
äussert sich bei den Griechen Nicetas Choniates 4), doch
so, dass er zwei Erklärungen neben einander stellt: voran
als die der Theologen die schriftmässige, dass das Erd-
beben von Gott geschehe, um die Menschen zu erschrecken
und zur Besinnung zurückzuführen; dann die der Philo-
sophen, welche das Erdbeben natürlich vom Winde er-
klärten, er selbst bekennt sich zu der crstern, „wir
Beda De hat. rerum c. 49.
2) Honor. Augustod. De inxag. mundi Lib. I. c. 42.
3) Vincent. Bellov. Spec. nat. Lib. VI. c. 26. 27. p.
4) Nicetas Choniat. Thes. orthod. Iidei Lib. I. c. 26.
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