487
die der Natur das beimessend, die Allmacht Gottes ver-
kennten. Damit stimmt Philostorgius überein, der arianische
Geschichtschreiber der griechischen Kirche (um 425),
indem er erklärt 1): das Erdbeben komme nach Gottes
Rathschluss, als eine Geissel seines Zornes zur Bekehrung
und Besserung der Sünder, nicht nach natürlicher Ordnung,
wie die Schüler der Hellenen (Heiden) schwatzten, sei es
von Ueberschwemmung, oder von eingeschlossener Luft.
Auf diesem vermeintlich biblischen Standpunkt steht auch
Cosmas Indicopleustes (um 535), indem er auf die Schrift
sich beruft zum Beweise, dass das Erdbeben durch das
göttliche Gebot komme und nicht vom Winde d. h. von
dem gewaltsamen Andrang eingeschlossener Luft, solche
Fabeln (imiüovg) nehme er nicht an 2); ja er tritt mit
einem gewissen Affekt dieser Ansicht entgegen, die er
für eine Ausgeburt griechischer Hypothesen erklärt, und
wirft den christlichen Weltweisen, welche sie angenommen,
eitle Sophistik, Trug und Widerspruch mit sich selbst vor S).
3. Bald darauf ist jedoch gerade diese naturwissen-
schaftliche Erklärung zu allgemeiner Geltung gelangt.
Für dieselbe spricht unter den Griechen Joh. Philoponus
sich aus4), der bei dem Nachweis, dass die Erde die
übrigen Elemente, Wasser, Luft und Feuer aufnehme,
als Zeichen eingeschlossener Luft das Erdbeben anführt.
Gleichzeitig ist es in der lateinischen Kirche vor allem
Isidorus von Sevilla, der dieselbe Ansicht vertritt 5):
nach den Sachkundigen, sagt er, habe die Erde gleich
einem Schwamm Höhlungen, worin der Wind eintritt, der
1) Philostorg. Hist. eccles. Lib. XII. c. 9. 10.
2) Cosmas Topogr. christ. Lib. II. p. 156. e. sq. ed. Montfauc.
a) Ibid. Lib. I. p. 121. c.
4) Job. Philopon. De mundi crcat. Lib. lV. c. 10.
5) Isidor. De nat. rerunx. c. 46. Vergl. s. Orig. Lib. XIV. c. 1.
S. 2. 3.