Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in’s sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 2)

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In diesem Sinn spricht auch Chrysostomus ausführlicher 
sich aus bei den erwähnten Veranlassungen. Die Ursache 
des Erdbebens, sagt er, ist der Zorn Gottes; die Ursache 
des göttlichen Zornes unsere Sünden 1). Aber der Zorn 
ist nicht ohne Liebe, wie es zuvor heisstz): „ihr habt 
gesehn die Macht Gottes und seine Menschenfreundlich- 
keit,  die Macht, weil er den Erdkreis erschüttert hat, 
die Menschenfreundlichkeit, weil er den wankenden hielt: 
er erschütterte, aber zerstörte nicht. Und weil er nicht 
zerstören wollte, so sandte er das Erdbeben als einen 
Boten seines Zorns, damit wir durch die Furcht gebessert 
die Strafe abwenden". Andrerseits ist die Sünde nicht 
ohne Busse geblieben, von deren Erfolg er an der andern 
Stelle zeugt: „von oben kam der Zorn und von unten 
eure Stimme; den von oben sich ergiessenden Zorn hat 
dievon unten emporgesendcte Stimme abgewendet: die 
Stadt erbebte wegen der Sünden der Habsucht, Unge- 
rechtigkeit, Ueberhebung, Sinnenlust und Lüge der Reichen ; 
sie stand wieder fest wegen der Psalmengesänge, Gebete 
und Nachtwachen der Armen". 
Eben so erklärt sich in der lateinischen Kirche Phi- 
lastrius, Bischof von Brixen, ein älterer Zeitgenosse des 
Chrysostomus (um 380) 3): dass im Erdbeben der Zorn 
und die Macht Gottes sich zeige, der seine Schöpfung 
bewege, auf dass viel Sünder zur Umkehr gerufen würden. 
Zugleich spricht er aber nachdrücklich wider die sich aus, 
welche die Ursache des Erdbebens nicht in den Willen 
und Zorn Gottes, sondern in die Natur und die Elemente 
setzten,  ilneingedenk der vorher angeführten Schrift- 
stellen: sie machten es wie gewisse eitle Philosophen, 
 Chrysostom. an dem S. 484. A. 3. angef. O. c. 2. 
2) Ibid. c. l. p. 772. 773. c. S0 auch T. II. p. 719. a. 
3) Philastr. Haeres. (III. p. 196. ed. Fabric. 
775. 
C
	        
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