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Erdbeben.
Ein neueres Bild mit der Personification des Erd-
bebens giebt Veranlassung diese Vorstellung nicht ganz
zu übergehen. Sie schliesst sich aber hier natürlich an,
sowohl nach dem Inhalt jenes Bildes, als auch überhaupt,
sofern das Erdbeben mit feuerspeienden Bergen häufig
in Verbindung steht. Zuvor jedoch werden wir auf die
Vorstellungen von der Ursache oder von dem Urheber
des Erdbebens zu sehen haben, zumal mythische An-
klänge in dieser Beziehung auch im christlichen Zeitalter
nicht fehlen.
1. Natürlich ist im klassischen Zeitalter die mythische
Auffassung auch dieses Phänomens altherkömmlich, die
jedoch eine physische Erklärung durchscheinen lässt. Vor
allem ist es der Gott des Meeres, Poseidon, der schon
bei Homer wie der erdumfassende und -haltende, so auch
der erderschütternde Gott ist (wie seine Beinamen an-
zeigen Fanjoxog und "Evvociyatog oder Fvoaiggöwv), auch
ausdrücklich als Urheber des Erdbebens geschildert wird 1).
Damit hängt es zusammen, dass er, nach Späteren 1),
Berge zerreisst und Inseln bildet. Doch wird frühzeitig
das Erdbeben auch dem Dämon des Wirbelwindes, dem
Typhoeus beigemessen 3), auf dem der Aetna lasten soll 4).
Wie aber unter feuerspeienden Bergen überhaupt die
Giganten gelagert sein sollen, so werden diese endlich
für Urheber des Erdbebens gehalten: demnach glaubten
beim Ausbruch des Vesuv, der den Untergang Pompejfs
1)Hom. I1. 11', 57 ü". 63. So heisst er auch 22111111159 yäg bei
Pind. Isthm. III. v. 37. und Iwoizrwg yaiocg bei Sophocl.
Trach. v. 502. Vergl. Senec. Nat. quaest. Lib. VI. c. 23.
z) Callimach. IIymn. in Del. v. 30-33.
n) I-Iesiod. Theog. v. 820 sqq. 868 sqq.
4) Pind. Olymp. IV. v. 7. Pylh. I. v. 20.
Piper, Mythol. u. Symbol. d. chr. Kunst. I. 2. 31