470
auf der Seite der Luft hat sie ein rundes Gefäss, in der
Linken auf der Seite des Wassers, wie es scheint, eine
Pflanze. Eine Inschrift giebt die Erläuterung, dass wie
die Welt im Grossen (der Makrokosmos) aus vier Elemen-
ten zusammengesetzt ist, so aus denselben vier Elementen
auch der Mensch bestehe 1): denn aus dem Feuer komme
die Wärme, aus der Luft der Odem, aus dem Wasser die
Feuchtigkeit, aus der Erde der Leih. Dieselbe Erkärung
findet sich auch sonst in dieser Zeit, nehmlich fast wört-
lieh übereinstimmend bei Gottfried von Viterho 2) (in
der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts), nur mit der
Erweiterung, dass auch gezeigt wird, wie die Glieder
den verschiedenen Elementen entsprechen: die Augen seien
gleich den Lichtern des Himmels, der Bauch enthalte
alle Flüssigkeit, Brust und Lunge bringe die Töne her-
vor, die Füsse gleich der Erde stützen den ganzen Körper 3).
Den Uebergang von den Elementen des menschlichen Kör-
pers zur Welt macht aber nicht allein der physische
Parallelismus, sondern auch eine mystische Erklärung,
indem weiter in jener Inschrift die 4 Elemente auf die
1) Dieselbe Vorstellung ist Gegenstand eines Miniaturbildes aus dem
10. Jahrh., wo aber die Elemente als Personen gebildet sind,
s. oben S. 98. Uebrigens enthält die hier in Rede stehende
wieuer Handschrift auch eine Personification der Elemente, wovon
unten in den Nachträgen berichtet werden wird.
2) Gotfrid. Viterb. Chr0nic., in Pistorii Germanic. Script. T. II.
p. 53. Vergl. Jac. Grimm Deutsche Mythol. 2 Ausg. S. 532.
a) So weiset auch Bernhard v. Clairvaux, in der ersten Hälfte
des 12. Jahrln, die elementarische Zusammensetzung des mensch-
lichen Körpers nach, nur dass er für eine ethischeAnwendung die
Glieder anders auswählt, De divers. Serm. LXXIV. Opp. T. I.
p. 1207. b: Sunt quatuor partes corporis, in quibus singulis
maxime vigent singnla elementa. Nam in oculis cst ignis: in
lingua, qnae vocem format, aer: in manibus, quarum proprie
tactus est, terra: in membris genitalibus aqua.