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vor jedem Evangelium ausser andern Miniaturen eine
Inschrifttafel, zum Theil umgeben von symbolischen Fi-
guren, wie vor dem Evangelium des Lucas die Tafel
mit den 4 Elementen; die früher (oben S. 98.) erwähnt
ist. Vor dem Evangelium Johannis aber steht diese
Inschrift:
Quadrifidas ymrtes habitantes quique lideles
devota mente transcendant terrea queque
ut cum Johanne Christum mereantur adire;
welche rings umgeben ist von den Figuren derWelt-
gegenden in folgender Ordnung:
Oriens
Septentrio Meridies
Occidens.
Sie erscheinen in Runden auf Goldgrund in etwas mehr
als halber Figur, Verschiedenfarbig gekleidet 1), sonst ohne
besondere Eigenthümlichkeiten: der Norden zieht sein
Gewand irostig zusammen, der Süden hat in jeder Hand
ein feuriges Bündel, der Westen hält das Haupt geneigt.
Die Bedeutung der Figuren erhellt aus der Inschrift: es
sinddic 4 Weltgegenden vorgestellt, weil überall her die
Gläubigen kommen sollen, den Herrn anzubeten, gleich-
wie die Königin des Südens kam vom Ende der Erde,
Sal5mo's Weisheit zu hören (Matth. 12, 42.) und wie
dereinst die Auserwählten von den 4 Winden zur Wieder-
kunft des Herrn versammelt sein werden (Marc. 13,
Eine umgekehrte Bedeutung mögen die Figuren der Welt-
gegenden auf dem vordern Deckel eines Evangeliarium
in der Wallrafsichen Sammlung zu Köln haben, dessen
Mitte in Hochrelief der thronende Erlöser einnimmt, in
1) Der Norden in blauem Gewande; der Osten in blauem Unter-
kleide mit rothem Mantel; der Süden in rothem Unterkleide mit
blauem lllantel; der Westen in rothem Unterkleide mit weissem
Mantel.
Piper, Mythol
Symbol.
chr.
Kunst.
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