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Winde in den 4 Ecken einer Tafel „die Chöre der Him-
mela (s. oben S. 194.) einschliessen 1).
3. Endlich erscheinen, die Winde in diesem Zeitalter
auch im Zusammenhang mythologischer Vorstellungen.
Als Vorspiel dessen lässt sich das schöne Miniatur-
bild der Musik ansehen in einer Handschrift zu Rheims
aus dem 13. Jahrhundert, welches schon früher (Th. I.
S. 244.) beschrieben ist. Der Luftgott (Aer), umgeben
von den Musen und den Erfindern der Musik, steht zwischen
den vier Winden, von denen er die beiden obern mit
den Händen festhält, während er auf die andern die Füsse
gesetzt hat. Sie erscheinen nehmlich in dieser Ordnung:
Aquilo Eurus
Zephir Auster,
und zwar als geflügelte Köpfe, aus deren Mund Strahlen
ausgehn 2).
Das ist zu der Zeit aber eine vereinzelte Erscheinung,
überdies von überwiegend allegorischem Charakter. Die
zusammenhängende Folge eigentlich mythologischer Dar-
stellungen beginnt mit dem 15. Jahrhundert, wobei die
Windgötter nicht fehlen, die ebensowohl in ganzer Figur,
wie als Köpfe: gebildet werden.
Zunächst sind es mehrere Bilder, in denen die Winde
mit dem Element des Wassers in Berührung kommen.
Den Anfang macht Sandro Botticelli (1437-1515) durch
1) S0 zeigt auch in dem Hortulus animae von 1516 die oben
(S. 194. A. 3.) erwähnte Tafel zur Auffindung des Sonntags-
buchstabens (B1. b. VI. vers.), in deren Mitte das Sonnenge-
sieht erscheint, in den 4 Ecken die Winde als blasende Gesichter.
2) Umgekehrt ist bei Darstellung der Elemente in einer heidel-
berger Handschrift, dem Kalenderbuch um 1480, ein blasender
Kopf (das ist der Wind) als Ursprung der Luft vorgestellt, die
unpersönlich nur durch Wolken angedeutet ist, s. oben S. 109.