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Beide Reliefs unterscheiden sich namentlich dadurch, dass
in dem erstern das Schiff mit einem Segel versehen ist
und der Wind-Dämon in der Luft schwebt, während
derselbe in dem andern auf dem Hintertheil des Schiffes,
das ohne Segel ist, zu ruhen scheint.
S0 ist der Wind auch personilicirt in Darstellung
einer Scene aus der Profangeschiclnte, einer stürmischen
Meerfahrt, die in Mosaiken des 5. Jahrhunderts verewigt
werden. Die Kaiserin Galla Placidia nehmlich, als sie
nach dem Tode ihres Bruders Honorius nach Rom und um
425 nach Ravenna mit ihrem Sohn Valentinian zurückkehrte,
um als dessen Vormünderin die Herrschaft des Abend-
landes zu führen, hatte auf der See einen Sturm zu be-
stehen, der die Schiffe in grosse Gefahr brachte. Sie
aber sprach ihren zagenden Gefährten Muth ein und rief
den Apostel Johannes an, dem sie im Fall der Errettung
eine Kirche zu weihen gelobte. In Ravenna glücklich
angekommen liess sie sich angelegen sein die Kirche zu
Ehren des Johannes (S. Giovanni) zu erbauen, die zwischen
439-450 vollendet zu sein scheint und in ihren wesent-
liehen Theilen noch erhalten hat: nur den Schmuck der
Mosaiken hat sie verloren. In diesen war einmal an der
Wand der Tribune unter anderm ein gläsernes Meer vor-
gestellt, auf welchem man zwei vom Winde hin und her-
geworfene Schiffe sah: die auf ihnen befindlichen Per-
sonen waren nach der Natur gebildet und zeigten in
ihren betrübten Mienen die Gefahr, in der sie schwebten;
das Steuer aber lenkte Johannes 1). Noch einmal in
dem Mosaikfussboden des Hauptschilfs war das bewegte
Meer dargestellt; dieses Mosaikbild hat sich mit einigen
S. die Nachricht bei Muratori Ber.
p. 568. col. 2. a. p. 570. col. 2. c. d.
des emper. T. VI. p. 189. v. Quust
von Ravenna S. 7.
Italic. script. T. l. P. II.
Vergl. Tillemont Hist.
Die altchristl. Bauwerke