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Stellungen getragen, die an die eben angedeuteten phi-
losophischen Ideen erinnern, und die wir um desswillen
hier nicht unerwähnt lassen wollen, da wenigstens eine
derselben auch eine künstlerische Seiteßhat.
Den Systemen der häretischen Gnosis im 2. Jahr-
hundert war es eigen, die Idee der Gottheit zu zer-
setzen in eine Viellieit von Principien, die sich aus
einander entwickeln, aber alle ewig sind, den zeitlichen
Weltlauf bedingend, daher sie gleich dem Urgrund
aller Dinge den Namen Aeonen führen. Als eine weitere
Entwickelung dieser Systeme ist das manichäische in der
zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts anzusehn," welches
zwei gleich ewige Grundwesen, ein gutes und ein böses,
behauptete, hinsichtlich des erstern aber folgende Lehre
an die Spitze stellte. Der gute Gott, der Vater des Lichts,
ist der Herrscher eines Lichtreichs, das auf einer lichten
Erde gegründet ist. Dieser herrliche Vater lebt zusammen
mit zwölf seligen Aeonen (sectrla), deren Zahl an das
grosse Weltjahr von zwölf Jahrtausenden geknüpft ist,
in dessen Verlauf der Kampf der beiden Grundwesen sich
entwickelt. So oft eines dieser Secula des grossen Welt-
jahrs abgelaufen ist, legt der ihm vorstehende Aeon
einen aus 13111111811 gewundenen Kranz, ein Symbol des
Zeitcyclus, auf das Haupt des ewigen Königs, des Alten
der Tage 1).
Von dieser erhabenen Dichtung wenden wir uns zu
den Gebilden der spätern mittelalterlichen Kunst, die das
Gebiet der Endlichkeit und Sichtbarkeit nicht über-
schreiten.
(wodurch ihre Zeit bestimmt wird), ist die oben erwähnte, ab-
gebild. bei Lajard l. c. Pl. LXX; die andere abgeb. ebendas.
Pl. LXXII, 1.
Baur Das manich. Religionssystem S. 18.