Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in’s sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 2)

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Hast auch du ein Gefallen an uns, dunkle Nacht? Was hältst. 
du unter deinem Mantel, das mir unsichtbar kräftig an die 
Seele geht? Köstlicher Balsam träuft aus deiner Hand, aus 
dem Bündel Mohn. Die schweren Flügel des Gemüths hebst 
du empor. Dunkel und unaussprechlich fühlen wir uns be- 
wegt: ein ernstes Antlitz seh" ich, froh erschrocken, das 
sanft und andachtsvoll sich zu mir neigt, und unter unendlich 
verschlungenen Locken der Mutter liebe Jugend zeigt. Wie 
arm und kindisch dünkt mir das Licht nun! wie erfreulich 
und gesegnet des Tages Abschied! 
Auch von I-Ierder 
(1801) 1), worin 
geschildert wird: 
ist ihr ein gerühmter Hymnus geweiht 
sie mit diesen Worten angerufen und 
Sternenreiche, goldgekrönte Göttin, 
Du, auf deren schwarzem weitem Mantel 
Tausend Welten funkeln, die du alle 
Sanft gehahrest  
O du des Schlafes 
Und der Träume Mutter, träufle sanft mir 
Zu Vergessenheit von meinen Sorgen z). 
Dass aber auch der Morgen der gleichen Verherrlichung 
nicht entbehrt, mag ein Lied von Kosegarten beweisen, 
welches (kräftiger, als die Herderschen Verse, obwohl 
l-lerders S. W. Zur schönen Literat. u. Kunst Th. XVI. S. 
128-131; auch bei Staudenmaier Der Geist des Christen- 
thums 3. Aufl. Th. II. S. 839-842. 
Dagegen wird von W. von Humboldt Ges. Werke Bd, V1_ 
S. 618. der Genius der Nacht gepriesen in den gemessenen 
Formen eines Sonetts, dessen Schlussstrophen so lauten: 
Darum was an der Menschheit Gipfel reichet, 
Man gern der sternumglänzten Nacht vergleichet, 
Wenn sie den Fittig leise rauschend schwinget, 
Der Tag im tiefen Busen wiederklinget, 
Und Erdqnwahn und Nichtigkeit entweichet, 
So wie der Blick in dieses Dunkel dringet.
	        
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