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der Nacht, dass sie ohne gegenseitige Störung den von
Gott geordneten Lauf vollbringen, indem er überhaupt
an die Wohlthaten des Schöpfers erinnert, der in Friede
und Eintracht alles geordnet. In demselben Sinn weiset
Chrysostomus 1) auf Gleichmaass und Ordnung von Tag
und Nacht: „Wenn du bedenkst, wie sie das ganze Jahr
gleichwagend unter sich vertheilt haben, so wirst du
den Ordner bewundern. Denn wie zwei Schwestern, die
das väterliche Erbe unter sich vertheilten mit vieler Liebe
und nicht im Geringsten einander beeinträchtigen; so
haben Tag und Nacht das Jahr mit aller Genauigkeit
gleich getheilt und beobachten ihre Grenzen und weder
verdrängt die eine die andere, noch übervortheilen sie sich,
sei es um eine halbe Stunde oder um einen Augenblick?
Tertullianü) aber führt den Wechsel des Tages und der
Nacht so wie der Jahreszeiten als ein Beispiel der gött-
lichen Macht und ein Zeugniss der Auferstehung an,
welche durch den ganzen Kreislauf der Natur vorbedeutet
werde: „Der Tag, sagt er, erstirbt in Nacht und wird
gänzlich in Finsterniss begraben. Alles hüllt sich in
Schwarz, alles schweigt, überall ist Stillstand und Ruhe.
So wird das verlorene Licht hetrauert. Und doch lebt
dasselbe mit seinem Dienst, seinen Gaben, mit der Sonne
ganz und vollständig für den ganzen Erdkreis wieder
auf, indem es seinen Tod, die Nacht, tödtet, sein Grab,
die Finsterniss öffnet und sein eigener Erbe ist, bis
auch die Nacht mit ihrem Schmuck wiederauflebt". Auch
heisst es in einem ambrosianischen Morgenliede S) von
dem Morgen (der Aurora), dass er seinen Lauf beschleunigt;
I) Chrysostom. Hom. IX. ad Antioch. c. 2. Opp.
2) Tertullian. De resurrect. carn. c. 12.
a) Welches anfängt Splendor paternae gloriae, v.
Thes. hymnol. p. 25:
Aurura cursus provchit.