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sie nicht sowohl als Hemera, sondern vielmehr in jener
engern Bedeutung als lllorgengöttzin, sowohl aus mythi-
schem Anlass, namentlich bei dem oftmals dargestellten
Raube des Kephalos 1), als zumal in kosmischer Geltung
in Verbindung mit dem Helios beim Sonnenaufgang 2).
Sonst liess sich der Morgen und der Abend mittelbar
andeuten durch den Sonnengott und die Mondgöttin vermöge
der Stellung, die sie in ihrer Himmelsbahn einnehmen:
nehmlich der Morgen durch den aufsteigenden Sol und die
niedersteigende Luna und umgekehrt der Abend. Und so sind
sie nicht selten beide zusammen, Sol mit dem Viergespann,
Luna mit dem Zweigespann vorgestellt 3). Abebdie Boten
des Tages und der Nacht sind der Morgen- und der Abend-
stern, die beide schon bei Homer erwähnt werden 4): erst
eine spätere Zeit erkannte, dass es nur ein und derselbe
Stern sei 5) ; doch zeichnen den Morgenstern bei den Dichtern
weisse oder rosige Flügel ß) 305,1 wogegen der Abend-
stern als der dunkele bezeichnet wird T), auch hat
dieser ein dunkles, jener ein weisses Boss S). Durch
I) Denn diesem Mythus ist es wesentlich, dass der Jüngling, ein
Jäger, am frühen Morgen von ihr entführt wird; O. Jahn
Archäol. Beitr. S. 99.
2) Eos mit einem Viergespann, gefolgt von dem Wagen des I-Ielios,
auf einer Vase von Canosa, bei Gerhard Ueber die Licht-
gottheiten in d. Philol. u. histor. Ahhandl. der K. Akad, der
Wiss. zu Berlin. Jahrg. 1838. S. 386. Taf. III, 1.
1') O. Jahn Archäol. Beitr. S. 79 ff. 85. Vergl. oben S. 116 f.
4) I-Iom. II. w, 226. f, 318.
5] Zuerst Pythagoras nach Plin. Hist. nat. Lib. II. c. 8. Vergl.
Cic. Nat. deor. Lib. II. c. 20. Stat. Theb. VI, 241. Serv. in
Aen. VIII, 590.
Ü) Jon Chius fr. 59. p. 63. ed. Köpke nennt ihn Äsvxonräguya
vrgddgoyov. Hingegen mit roseis alis schildert ihn Valer.
F lacc. Argonaut. Lib. VI. v. 527.
7) Stat. Theb. Lib. VIII. v. 159.
B) Ovid. Fastor. II, 314. Metam. XV, 189.
Piper, Mythol. u. Symbol. d. rhr. Kunst. I. 2. 23