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dieser heidnischen Gottheit sitzt aber ein Männlein mit
rothen Strumpfhosen und weitem Mantel, welches die Geige
streichend das Gesicht zu einem fröhlichen Gelächter
verzieht: dieser lachende Gcigenspieler lehnt sich an eine
stattliche Kirche an. Der Gegensatz, der hierdurch an-
gedeutet zu sein scheint, tritt noch bestimmter hervor
in den oberen Figuren: es erscheint dort erstens das Brust-
bild wahrscheinlich eines heidnischen Priesters, den ein
Teufel bei den Haaren reisst, während ein Alle das vom
Haupte fliessende Blut leckt; weiterhin sitzen zwei
Affen, welche eine Nachteule krönen, und zwar in der
Mitte von Schnörkelwindungen, die nach oben in einen
dämonischen Kopf mit langen Ohren und breitem Munde
sich verlaufen. Zu beiden Seiten dieses Schnörkelwerks
stehen zwei Heilige, wahrscheinlich Johannes der Evangelist
und Papst Gregor der Grosse, einen ernsten Gegensatz
bildend zu dem bunten dämonischen Inhalt der Buch-
stabenzierden. Das Ganze scheint den Triumph der
christlichen Kirche über das Heidenthum anzudeuten.
2. Ohne diesen religionsgeschichtlichen Hintergrund,
allein nach dem Parallelismus, der zwischen dem Kreis-
lauf der Jahreszeiten und dem Kreislauf des menschlichen
Lebens, der selbst von jenem abhängt, so natürlich sich
darbietet, aber in sittlicher Anwendung im Sinne des
Spruchs: „die Welt vergeht mit ihrer Lust" (1 Joh. 2,
iSl die Kunstvorstellung der Jahreszeiten angeordnet, welche
(19111 griechischen Mittelalter cigenthümlich ist. Das Hand-
bllßh nehinlich der griechischen Kirchenmaler von dem
Mönch Dionysius etwa aus dem 15. Jahrhundert, das aber
ältere Traditionen bewahrt 1), giebt Anweisung zu folgen-
dem Bilde, welches die Aufschrift erhält:
oben
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