Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in’s sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 2)

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wird der Frühling, eine männliche Figur, nur kurz ge- 
schildert als geschmückt mit einem Blumenkranz I); aus- 
führlicher der Winter: er erscheint als ein Weib 2), struppig 
mit starrem Haar 3), er heisst der frostige, eisige, langsame 
Winter, stets zum Schlafen bereit4), der erstarrt und 
matt in tiefen Höhlen sich versteckt nach den Mahl- 
zeiten der Venus und den Bechern des Bacchus 5). Er 
selber rühmt sich, Beichthum und frohe Mahlzeiten zu 
haben, süsse Ruhe und warmes Feuer im Hause: ihm 
gefällt es, den Schatz im Kasten zu zählen, der Speisen 
sich zu freuen und immer zu ruhen. Als der Frühling 
ihm verhält: Wer häuft dir Beichthümer und sammelt 
dir Schätze, wenn nicht zuvor für dich arbeiten Frühling 
und Sommeril, erwidert der Winter: Ganz recht, darum 
sind sie auch meine Diener. Worauf der Frühling das 
letzte Wort hat: Nicht bist du ihr Herr, aber arm und 
elend stolzirst du und kannst dich durch dich selbst nicht 
mehr ernähren, wenn nicht der Kukuk, der kommen wird, 
dir Nahrung giebt. Schliesslich bringen auch die Hirten 
den Winter zum Schweigen, indem sie in das Lob des 
Kukuks einstimmen und die Erscheinungen und Beschäf- 
tigungen der "Frühlingszeit herbeiwünschen. 
Demnächst sind es die mittelhochdeutschen Dichter, 
insbesondere Nithart (um 1217), welche Schilderungen 
enthalten von dem Kampf des Sommers und Winters, der 
aber nicht bloss bei Worten stehen bleibt. Vielmehr 
ziehen dieselben mit ihren Leuten auf, um sich zu be- 
1) v. 6.: Ver quoque florigero succinctus stemmate venit. 
2) v. 22: tarda Hiems; v. 34: tarda Hiems, semper dormire parata. 
Zwar heisst er v. 45; prodigus; aber die Leseart wird ange- 
fochten, s. Wernsdorf zu d. St. p. 243. not. 45. 
 v. 7: Frigida venil; Hiems rigidis hirsuta capillis. 
4) Frigida, v. 7; glaciälis, v. 13; tarda, s. Anm. 2. 
5) v. 23. 24.
	        
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