Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in’s sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 2)

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welche durch das germanische Mittelalter sich hinzieht, 
hat vorwaltend auch nur eine physische Bedeutung, je-_ 
doch nicht ohne einen religiösen Hintergrund: es ist die 
Vorstellung von dem Kampf der Jahreszeiten, der auch 
das menschliche Leben berührt und des Todes gedenken 
lässt,  worin Nachklänge heidnischen Aberglaubens 
sich zeigen. Nun sind zwar nur die erstern Personi- 
ücationen Gegenstand der zeichnenden Künste, namentlich 
der Malerei geworden; während die letztern nur im Ge- 
biet der Poesie und Volkssitte uns entgegentreten. Doch 
sind auch diese in ihrer dramatischen Gestaltung nicht 
ohne ein kunstgeschichtliches Interesse und nehmen zumal 
vermöge einer Gedankenverhindung mit der erstgenannten 
Vorstellung unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. 
i. Was zuerst die Vorstellung von einem Kampf der 
Jahreszeiten betrifft, so zeigt sich die erste Spur davon 1) 
in dem Gedicht unter dem Namen des Beda  735) 
oder auch des Milo Mönchs zu St. Amand  872): 
Contlictus veris et hiemis 2). Bei den Hirten, welche 
im Frühling zusammenkommen, den Kukuk zu besingen a), 
erscheint auch der Winter und der Frühling, von denen 
der letztere die Ankunft des Vogels preiset, jener ihn 
verwünscht. Es entspinnt sich hieraus ein allgemeineren 
Streit zwischen beiden Jahreszeiten. In diesem Streit 
l) Nicht zu gedenken der ähnlichen Vorstellung im klassischen 
Alterthum, wie bei Ovid. Metam. Lib. X. v. 164 sq.: quoties- 
que repellit Ver hiemem. 
2) Unter Bedefs Namen bei Burmann Anthol. lat. T. II. p. 356- 
358. Wernsdorf Poet. lat. min, T. II. p. 239-244. Unter 
dem Namen des Milo bei Oudin. De scripz. eccles. T. II. 
p. 326-328. Neuerdings mitgetheilt von Hoffmann Horae 
belgicae P. VI. p. 236-238. Vergl. Bähr Gesch. der röm. 
Literat. Suppl. I. S. 83. III. S. 110. 
a) Vergl. Jac. Grimm Deutsche Mythol. 2. Ausg. S. 640. 740.
	        
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