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weisen. Allerdings zeigt sich in einem für christlich
gehaltenen Wandgemälde des Cömeterium der Priscilla
die Hore des Herbstes, die in der Linken einen Stab, in
der Rechten Früchte hält, begleitet vielleicht von einem
Jagdhunde; aber das Gemälde, welches keine Spur des
Christlichen enthält, scheint seinem ganzen Ursprung nach
heidnisch zu sein 1). Aehnlich einer Hore, mit Aehren
und einem Lamm in den Händen, erscheint eine Figur
auf einem Sarkophag zu Rom: dieselbe hat aber eine eigen-
thümlich allegorische Bedeutung nach ihrer Stellung
zwischen Adam und Eva, denen sie die Aehren und das
Lamm darreicht z).
Mittelalter.
Jene Vorstellung der Jahreszeiten auf Gräbern scheint
nicht das christliche Alterthum und den Bereich der Ka-
takomben zu überschreiten. Aber unabhängig von dieser
Auffassung hat sich die Personiiication derselben im spätem
Mittelalter verbreitet in einer zwiefachen, der sittlichen
und natürlichen Beziehung.
Es erscheinen nehmlich die Jahreszeiten zusammen
mit den übrigen Zeitkreisen: und nun werden diese
sämintlichen Zeitkreise (Jahreszeiten, Monate, Tageszeiten)
theils mit dem Kreislauf des menschlichen Lebens ver-
knüpft, um an die Flüchtigkeit und Eitelkeit der Welt
zu erinnern, wozu das griechische Mittelalter An-
leitung giebt. Andererseits geschieht es im lateinischen
Mittelalter, dass mit Aufgehung dieser Beziehung die
Zeitkreise für sich vor Augen gestellt werden als ein Ka-
lenderbild. Eine andere Personification der Jahreszeiten,
F) S. oben Th. I. S.
2) Ebendas. S. 353.
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