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Scenen an den Himmel gesetzt. Von dem grossen Bär
(dem Wagen) und dem sogenannten Reuter (Alcor), das
ist der kleine Stern, welcher über dem mittlern im
Schwanz desselben steht, heisst es 1): „Ein Fuhrmanxi
fuhr einmal unsern Heiland, der versprach ihm zum Lohn
das Himmelreich; der Fuhrmann aber sagte, er wolle
lieber in Ewigkeit fahren von Aufgang bis zu Niedergang:
sein Begehren wurde erfüllt, der Wagen steht am Himmel
und der oberste von den drei Deichselsternen, der soge-
nannte Reuter, ist der Fuhrmaxm." Von dem Ursprung
der Plejaden aber wird erzählti): „Christus ging an
einem Beckerladen vorüber, wo frisches Brodt duftetc
und sandte seine Jünger hin, ein Brodt zu erbitten; der
Becker schlug es ab, doch von ferne stand die Beckers-
frau mit ihren sechs Töchtern und gab das Brodt heimlich:
dafür sind sie als Siebengestirn an den Himmel versetzt,
der Becker aber ist zum Kukuk geworden und solange er
Frühjahrs ruft, ist das Siebengestirn am Himmel sichtbar 3).
Auch aus dem Orient wird von einer christlichen
Deutung der Sternnamen berichtet. Während die Sterne
im Viereck des grossen Bären bei den Arabern (gleich-
wie bei den Hebräern) den Namen Bahre führen, sollen
von den christlichen Arabern dieselben die Bahre des
1) Jac. Grimm a. a. O. S. 688 f.
2) Ebendas. S. 691 f.
3) So erhalten auch die Mondilecken eine biblische Deutung, wenn
es entweder Kain sein soll, der dort erscheint mit einem Bund
Dornen auf den Schultern, womit er Gott ein schlechtes Opfer
darbringt (nach italienischer Sage bei D ante Parad. II, 49-51.);
oder Isaac, der ein Bündel Holz selbst zu seiner Opferung auf
den Berg Moria trägt; oder der Holzdieb, der am h. Sonntag
unter der Kirche W'aldfrevel verübt hat (nach 4 Mos. 15, 32.)
und nun zur Strafe in den Mond verwiinscht worden ist,
welche Gestalt der Fabel in Deutschland fast allgemein ange-
nommen ist. S. Jnc. Grimm a. a. O. S. 68Oe-683.