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In der lateinischen Kirche ist jene Lehre seit dem
vierten Jahrhundert berücksichtigt zuerst vielleicht bei
Arnobins, jedoch mit dem Ausdruck der Verwerfung,
wenn er fragt 1): „wird denn im Himmel gesungen und
Cither gespielt, so dass die kundigen neun Schwestern
die Intervalle und Tonstimmen fügen und moduliren
mögen i?" Dies könnte auf jene Vorstellung; von dem
Gesang der Musen auf den Planetensphären sich beziehen
(zumal so bestimmt von Intervallen die Rede ist),
obwohl auch schon der homerische und hesiodische My-
thus von den Muscn als Tafelsängerinnen der Götter zur
Motivirung der Frage ausreichen würde. Deutlich kommt
die Lehre zur Sprache bei Ambrosius, der sich zuweilen
nicht ungünstig über sie auslässt. In der Vorrede zur
Erklärung des ersten Psalms 2) (um 390) erwähnt er
unter den himmlischen Vorbildern der Psalmodie, wo er
den Lobgesang der Engel voranstellt, weiter die Lieblich-
keit der ewigen Musik, welche mit dem Umschwung der
l-Iimmelsaxe erfolgen solle, so dass der Ton an den Enden
der Erde gehört werde. Er selbst bemerkt, dass es dort
gewisse Geheimnisse der Natur gebe und jenes nicht
fern scheine von ihrer Art, da doch eine Stimme mit
anmuthigerem Schall aus Hainen und von Bergen zurück-
kehre und diese mit lieblicherem Ton zurückgäben was
sie empfangen hätten. Weniger zustimmend ist seine
Aeusserung in einer etwas früheren Schrift 3) zur Er-
läuterung der Stelle: „tönend wie die Sonne", Hohelied
6,10. (nach der Uebersetzung des Aquila, statt nach
dem Urtext; rein, wie die Sonne), wodurch jener Um-
schwung der Himmelsaxe, der Lauf von Sonne, Mond
Arnob. Adv. gent. Lib. III. c. 21.
2) Amhros. Praefat. in Ps. I. enarrat. Opp. T.
a) Id. De Isaac et anim. c. 7. S. 63. Opp. T. I.