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Die eine Dichtung findet sich bei Plato, der zwar
in jener Stelle des Timäus nur von Zahlenverhältnissen
spricht, diese Lehre aber mythisch ausgeführt hat im
zehnten Buch der Republik 1), wo er den Weg der Seelen
schildernd ein Bild des Weltgebäudes entwirft. Eine
Lichtsäule, durch den ganzen Himmel und die Erde ge-
streckt, bezeichnet die Weltaxe, an deren Ende die Spin-
del der Nothwendigkeit gespannt ist: diese Spindel hat
acht Wirtel, einen in dem andern liegend, also einen
äussern und sieben innere Kreise, das sind die Fix-
sternsphäre und die sieben Planetensphären. Der Um-
schwung der letztern geht in entgegengesetzter Richtung
vor sich, als das Umkreisen der ganzen Spindel, welche
gedreht wird im Schoss der Nothwendigkeit. „Und auf
ihren Kreisen oben steht auf jedem eine Sirene, die mit
herumbewegt wird einen Ton von sich gebend 2), und
die acht Töne lliessen zusammen zu einer übereinstimmen-
den Harmonie. Umher aber sitzen in gleicher Entfernung,
drei an der Zahl, jede auf einem Thron, die Töchter der
Nothwendigkeit, die Mören, welche von Zeit zu Zeit mit
der einen Hand angreifend die Umkreisungen der Spindel
fördern, Klotho die äussere, Atropos die innern und Lache-
sis abwechselnd die eine und die anderen; diese singen
zum Einklang der Sirenen, Lachesis das Vergangene,
Klotho das Gegenwärtige und Atropos das Zukünftige."
Eine andere Dichtung nennt statt der Sirenen die Musen
als Himmelssängerinnen, nach deren Neunzahl aber vor-
ausgesetzt wird, dass eben so viel Sphären sich finden:
demnach werden den sieben Planeten noch die Erde und
Plat. De republ. Lib. X. p. 617. Uebers. von Schneider S.
279. Vergl. Grenzer Symb. Th. II. 3. Aufl. S. 188.
1) Dieser Vorstellung gedenkt Heraclid. Allegor. Homer. p. 44.
ed. Schow. Macrob. In somn. Scip. Lib. II. c. 3. init.