193
Strahlen gezeichnet ist, in einem colorirten Holzschnitt
aus der Mitte des 15. Jahrhunderts 1), wogegen das
Gemälde des Bogier von Brügge (sonst dem Memling
zugeschrieben) die aufgehende Sonne, die nur als Scheibe
erscheint, in ihrentWirkuxigen schildert, nehmlich den
Glanz, der in das Dunkel der Uferfelsen des Vorgrundes
hereinleuchtet 2); und das Gemälde von Memling oder
Vielmehr von einem Schüler desselben (1484) in der Ge-
mäldesammlung der Akademie zu Brügge 3) im Hintergrund
ein sanftes Morgenroth zeigt, welches den Strom, der von
(lunkeln, schattigen Felsenmassen eingeschlossen ist, heller
beleuchtet.
4. Gegenüber diesen biblischen Scenen, in denen
die Personification von Sonne und Mond verschwindet,
tritt dieselbe seit dem 15. Jahrhundert entschieden, auch
mit voller mythologischer Ausstattung, hervor im Gebiet
der profanen Kunst, welche in dieser Zeit zur selbständigen
Entwickelung kommt und mit Vorliebe die Ideen des
klassischen Alterthums zur Darstellung bringt.
Vor allem gab dazu Veranlassung die Vorstellung
sämmtlicher Planeten, unter denen auch der Sonnengott
und die Mondgöttin ihre Stelle haben. Da von diesen
Planetenfolgen später besonders die Rede sein wird (S. 48),
S0 sei hier nur erwähnt, dass daselbst Sonne und Mond,
gleichwie die übrigen Planeten, in zwiefacher Art dar-
gestellt wurden. Theils nehmlich erscheinen sie zu Wagen,
der Sonnengott von vier Pferden, die Mondgöttin von
zwei Mädchen gezogen, wie in den Zeichnungen von
Sandro Botticelli (1465), oder ohne Wagen, stehend,
nackt, der Sol mit der Sonne, die Luna mit dem Halb-
1) In der Grossherzogl. Kunstsamml. zu Weimar.
z) Kugl er Handb. der Gesch. der Malerei von Burckh. Bd. II. S. 124.
a) Schnaase Niederl. Briefe S. 345. Kugler a. a. O. S. 131.
Piper, MY"
Symbol
Kunst.
13