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dem Hochaltar von Blaubeuren in Holz geschnitten von
Syrlin 1) öfter als blosse Sichel, wie an dem bischöf-
lichen Stuhl zu Dais 2), alle drei aus dem Ende des 15.
Jahrhunderts.
Bei Auslegung dieses Zeichens hat man das Gleichniss
aus dem Hohenliede 6, 9: „schön wie der Mond, aus-
erwählt wie die Sonne" benutzt, wonach Sonne und Mond
mit der h. Jungfrau als Sinnbilder derselben vorgestellt
werden. So sieht man sie auf den Insignien des von
Churfürst Friedrich II. von Brandenburg gestifteten
Schwanenordens nach den Statuten von 1443, welche das
Bildniss der Maria auf der Brust zu tragen vorschreiben,
„in einem Mond und Sonnenschein hängend, mit dem
Gruss: ave mundi domina" 3): demgemäss erscheint die
h. Jungfrau mit dem Kinde als Kniestück, von Sonnen-
strahlen umgeben, unter ihr die Mondsichel, jedoch
beides ohne Andeutung der Gesichtsform. Von solchen
Ordenszeichen ist noch vorhanden als Denkmal ihrer ältesten
Gestalt die Stickerei auf einem Messgewand im Dom zu
Brandenburg 4) und aus späterer Zeit eine goldene Ordens-
kette im Privatbesitz Sr. M. des Königs von Preussen 5).
1) Herausgegeben von Heideloff, Nürnb. 1846. s. S. 13. des Com-
mentars zu dem Kupferstich. Eigentlich steht die Maria hier nicht
auf der Sichel, sondern diese erscheint nur zu ihren Füssen.
2) S. oben Th. I. S. 391.
a) "Zum Zeichen", heisst es weiter, "dass obwohl die Himmels-
konigin über alle Heiligen erhöhet und schöner denn der Mond
und erwzihlter dem: die Sonne ist, doch sie auch dieser Welt
Fürstin ist u. s. v. Stillfried Der Scliwanenorden
2. Ausg. S. 32. vergl. S. 7.
4) v. Stillfried a. a. 0. S. 45 f. mit. Abbild.
5) v. Stillfried a. a. O. S. 48. mit Abbild. Ebenso sind Sonne
und Mond vorgestellt, die h. Jungfrau umgehend, in der Ordens-
kette, welche ein Gemälde des Ritters Veit von Lentersheim und
seiner Gemahlin schmückt, abgeb. bei Heideloff Ornamentik