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Eine Ausnahme macht eine emaillirte Kupferplatte, welche
den Deckel eines Evangeliarium im Dom zu Trier aus
dem 12. Jahrhundert schmückt 1), auf der Sonne und
Mond ihr Angesicht ganz und gar in ihr Gewand ver-
hiillen. Es dient dies zum Zeichen der Veriinsterung.
Als Grund dieser Vertinsterung bei der Sonne giebt Ot-
frid (um 870) in seiner Evangelienharmonie an 2): die
Sonne erzürnt über den Frevel habe weder selbst sehen
noch gesehen sein (ihr Antlitz leuchten lassen) wollen.
Dass aber auch der Mond in gleicher Weise vorgestellt
wird, erhält eine allegorische Erklärung: der Mond ver-
linstert sich bei dem Tode Christi um der Trauer der
Kirche willen, deren Symbol er ist 3), gleichwie die Sonne
um des leidenden Erlösers willen, als der Sonne der
Gerechtigkeit 4), wie es auf dem Elfenbeindeckel eines
Evangeliarium des 12. Jahrhunderts aus Niedermünster in
München (Cim. 54.) heisst:
lgneus S01 obscuratur in aethere,
quia S01 just-itiae patitur in cruce;
und Eclypsin [lällillllf et Luna,
quia de morte Christi dolet ecclesia.
Noch persönlicher wird der Ausdruck, wenn diese Figur
sich die Thränen trocknet, wie in einem Miniaturbilde
1) Eine Durchzeichnung verdanke ich der Gefälligkeit. des Herrn
Domcapitular v. Wilmowsk y zu Trier.
2) Otfrid Krist. Buch IV. c. 33. zu Anfang. S. 349. herausgeg.
von GraH.
a) Augustin. Epist. LV., ad inquisit. Januar. Iib. II. c. 6. S. 10.
Opp. T. II. p. 99. d f. mit Beziehung auf Ps. 89, 38:
Luna testis in coelo üdelis und andere biblische Stellen. M axim u s
Taurin. Hom. CI. de divers. Opp. p. 338. b d.
4) So sagt Cyrill. Hieros. Cateches. XIII. c. 34. p. 199. e:
äääimsv 6 17km; 6m? 1611 15g Jmammiuqg 171mm Vergl. Atha-
nas. De Sabbat. er, circumcis. c. 5. Opp. T. II. p. 58. a. Von
diesem Typus Christi s. oben Th. I. S. 96. und Thilo zum
Evang. Nicod. c. 18. Cod. apocr. N. T. Vol. I. p. 677.