82
lassung gegeben, die Personification von Erde und Meer
einzuführen. Zwei Momente sind es, hervorgehoben in der
alttestamentlichen und in der neutestamentlichen Weis-
sagung, an welche dieselbe anknüpft. Erstens die Weis-
sagung, dass ein neuer Himmel und eine neue Erde geschaf-
fen werden (Jes. 65, 17. Offenb. 21, dass auch die
Creatur, jetzt der Eitelkeit unterworfen, frei werden soll von
der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen
Freiheit der Kinder Gottes (Röm. 8, 20. 21). Dies ist auf-
gefasst in den Mosaiken der Kathedrale zu Torcello 1), in
welchen man unterhalb des thronenden Christus aufeinem
Altar das Buch des Lebens sieht und zu beiden Seiten des-
selben Engel, welche die Posaune zur Auferstehung blasen;
neben ihnen ist die Auferstehung aller Creatur: links
vierfüssige Thiere, welche sich erheben, rechts das Meer
mit Fischen: in demselben erscheint aber auch ein nacktes
Weib mit einem Füllhorn in der Linken als Personi-
fication desselben, oder vielmehr von Land und Meer,
der neuen Erde. Darunter erblicktman das jüngste Gericht.
Bei Darstellung desselben oder vielmehr der Wieder-
kunft Christi in griechischen Fresken ist eben so das
andere Moment berücksichtigt, die Schilderung von dem
Meer und der Unterwelt, welche ihre Todten herausgeben
zum Gericht (Offenb. 20, So erscheint die Erde
in dem jüngsten Gericht, welches die Grahkapelle des
Klosters des h. Gregorius auf dem Berge Athos schmückt 2):
1) Abbild. auf einem Blatt aus einem schon vor längerer Zeit pro-
jectirten Werk: Il Fiore di Veneja; wovon ein Abdruck, im Be-
sitz des Herrn Prof. Waagen, mir zu Gesicht gekommen ist.
9) Didron lltlanuel rfieonogr. chret. grecq. et lat. p. 275. not.
Auch in dem jüngsten Gericht in der Kirche dieses Klosters
kommt die Erde vor, ein königliches Weib, sitzend zwischen
brüllenden Löwen, die auf einem Drachen liegen: in der Linken
hält sie eine lange Schlange, in der Rechten einen grossen
Kelch. woraus sechs Vipernköpfe hervorkommen. lbid. p. 267.