Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in’s sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 2)

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Erde und Meer: die beiden letztern, mit nacktem Ober- 
körper, mit der einen Hand das Ende des Gewandes 
tassend, halten die andere Hand vor das Gesicht zum 
Zeichen der Trauer, gleichwie Sonne und Mond das Ge- 
sicht mit dem Gewand bedecken. Uebrigens ist hier 
umgekehrt die Erde in männlicher, das Meer in weib- 
licher Gestalt vorgestellt,  die letztere, wie es scheint, 
auf einem Seedrachen sitzend und mit einem Fisch hinter 
sich, während vor dem Erdgott ein Spaten, hinter ihm 
Aehren erscheinen 1).  Verwandt ist eine Federzeich- 
nung in einem Evangeliarium des 11. Jahrhunderts aus 
Paderborn, welches die Bibliothek zu Kassel?) besitzt, 
worin man über dem Gekreuzigten wiederum S01 und Luna 
sieht; unten in der Ecke aber die Erde, als ein Weib 
mit entblössten Brüsten, welches in der Linken ein Füll- 
horn hält: mit der Rechten hebt es etwa zu gleicher 
Höhe mit der Schlange einen Menschen empor, der die 
Hände ausstreckt, das ist die personificirte Finsterniss, 
wie aus Vergleichung einer Handschrift hervorgeht, von 
der gleich näher die Rede sein wird. 
4. S0 finden sich auch zu Ehren des zierherrlichtevz 
Christus Erde und Meer oder Himmel und Erde in Person 
vorgestellt in einer Anzahl Miniaturen. 
Zuerst jedoch verdient ein Elfenbeinschnitzwerk Er- 
wähnung aus dem Ende des 9. Jahrhunderts,  nach 
alter Tradition 3) ein Werk des Tutilo. In einer Mandorla, 
 Man könnte diese Figur für den Meergott nehmen, wenn man 
den Spaten für ein Ruder und die Aehren für Schilfrohr er- 
klärte; aber die Attribute der andern Figur, die nicht zu einer 
Erdgöttin sich umdeuten lässt, lassen auch für die erstere 
keinem Zweifel Baum. 
2) Kugler a. a. O. S. 81. 
3) Welcher Herr Dr. E. Förster in München beistimmt. Ich ver- 
danke demselben die Kenntniss dieses Bildwerks nach einer von 
ihm gefertigten Zeichnung.
	        
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