Grabkapelle.
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Schilderung der Begräbnissstätte des Pallas (Eneit p. 223, 28 226, 15)
ein isolirtes Gebäude im Sinne; man könnte denken, dass ihm das
Bild des Theodorich-Denkmales zu Ravenna etwa vorgeschwebt hat.
Pallas' Vater lässt seinen Sohn begraben „In einem gewelbe Aldä
der kunich selbe Inne wolde sin gelegen", also in einer Art Erb-
begräbniss. Dies schöne Gewölbe steht in der Nähe des Gotteshauses
(Synagoge), ist rund, mit herrlichem Mosaikfussboden ausgestattet. Die
Säulen sind aus Marmor, wir können uns also vorstellen, dass eine
goldige Kuppel (das Himelze) von den Säulen getragen wurde, und
dass um diesen Centralbau sich ringsum, wie in der Grabkirche der
Santa Costallza zu Rom, eine Art Nebenschiif herumzog. Der
Bau hat keine Fenster, sondern wird durch eine Lampe erhellt, die
mit Balsam gefüllt an Ketten von der Decke herabhängt; der Docht
(eine wiken) ist von Asbest (bestion) 1). In Mitten des Gebäudes
steht der Sarg aus Prasin gehauen auf vier porphyrnen Säulen. Der
Deckel des Sarkophags ist aus Amethyst und mit einer langen Inschrift
versehen. Zwei Gefässe, das eine aus Gold und mit Balsam gefüllt,
das andere aus Edelstein, voll von Aloä und Terpentin, verbreiten
angenehmen Geruch. Viel schwieriger ist es, die Beschreibung, die
Heinrich von Veldeke von dem Grabmal der Kamille giebt (p. 251, 21
256, 7), zu interpretiren. Auch dieses, hoch über die Erde aufragende
Monument liegt in der Nähe des Tempels; es ist von einem Griechen
Geometras erbaut, kreisrund, zwanzig Fuss im Lichten weit. Der
Fussboden ist aus Jaspis. Vier gehauene Steine, Consolen, sind in die
Mauer eingefügt; auf ihnen ruhen zwei "Swibogen"; WO sie zusammen-
treffen, ist ein porphyrner "Fuchstein" eingesetzt. Das sind also die
Grate eines Kreuzgewölbes mit dem zugehörigen Schlussstein. Bis
p. 252, 34 ist Alles klar. Nun kommt aber eine schwierige Stelle.
Auf dem Gewölbe nämlich erhebt sich ein vierzig Fuss hoher Pfeiler,
der oben durch einen runden "Simezstein" von sieben Fuss Breite
abgeschlossen ist. Der Sims steht auf allen Seiten eine Spanne breit
über den Pfeiler vor; der Pfeiler selbst kann also kaum den Durchmesser
von sechs Fuss haben. Höchst unklar ist nun (p. 253, 1015i): „Ez (daz
geworke) wart vierzich fuze ho Und zweinzich wit enbinnen." Vierzig Fuss
hoch ist der Pfeiler, und zwanzig Fuss weit ist die Kapelle des Unterbaues.
Der Dichter geht nun wieder zur Beschreibung der Kapelle über, schil-
dert den Mosaikfusslaoden, das „Gewelbe" und mit dem scheint
1) Im Roman d'Enea.s
besto en estoit 1a mece."
Schultz, höf. Leben. II.
(Jahrb.
YODIELII.
und engl.
Litt.
23) heisst es:
27