Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 2)

Plünderung. 
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Hohn." Wenn selbst im Frieden gegen die eignen Dienstleute vor- 
nehme Männer solcher bestialischen Roheit fähig waren, so können 
wir uns vorstellen, wie die gemeinen Soldaten im Kriege den Feinden 
gegenüber wütheten. Die Besatzung einer eroberten Festung nieder- 
zumachen, das war gewöhnlicher Kriegsbrauch. Und welche Ver- 
wüstungen hatten  die Kriege zur Folge. Das Wenigste war noch, dass 
man die Ernten zerstörte; aber in den italienischen Chroniken lesen 
wir unzählige Male, dass auch die Weinstöcke ausgerissen, die Frucht- 
bäume umgehauen wurden, dass man so die Früchte jahrelangen 
Fleisses vernichtete. Mancher glaubte sein Bischen Habe in der Kirche" 
geborgen 1): aber auch diese heiligen Orte waren vor der Raubgier 
der Soldaten keineswegs sicher. Wie die damalige Zeit diese fort- 
währenden Verwüstungen ausgehalten hat, ist ganz räthselhaft. Es 
war daher immer noch nicht das Schlimmste, was der Bevölkerung 
einer eroberten Stadt widerfahren konnte, wenn ihr freier Abzug bewilligt 
wurde. Wenigstens retteten sie ihr Leben und die Frauen und Mädchen 
dazu noch ihre Ehre. Sie iielen sonst zuerst den Soldaten zum Opfer 2); 
die hochgeborenen Führer gingen ihren Leuten mit dem schlimmsten 
Beispiele voran 3). Ja man gab geflissentlich vornehme Damen, Frauen 
und Töchter des Feindes, Trossknechten "und gemeinen Soldaten Preis4). 
Sobald die Festung gefallen, liess der Sieger sein Banner auf- 
stecken und zwar auf dem höchsten Thurme, damit sein Erfolg weithin 
sichtbar W315). Dann begann die Plünderung. Bei der Eroberung 
von Constantinopel wurde viel gestohlen. Man machte kurzen Process 
1) Ottokar von Steier CCCV: Manig sakch und schrein Yederman praeht daz 
sein, Wo er gewarhait wesst, In chirehen oder in vesst.  Cf. Orderieus Vita- 
lis XI, 11. 
2) Troj. 12952: Die frouwen sie nötzogeten Und die megde wol getan. 
3) Vgl. die im ersten Bande, S. 458 Anm, angeführte Stelle des Ohnonradus 
Sehirensis 1196. 
4) Parise 1a Duehesse p. 62: (Die zweite Frau des Herzogs Raymond de 
Saint-Güles, die Tochter des intriganten Beranger, wird von der Partei der 
Herzogin Parise gefangen) Tot apres 1a ceinture 1i ont 1es dras copez. Les tres- 
ees par desore ]i ont vilment ote, A -iiij- pautoniers ont 1a dan1e1ivre,Puis 1'ont 
fait de 1a vile vilainement giter.  Ai01 7700: (Mirabelle wird von den Feinden 
ihres Gemahls gefangen) Geste putain [sagt Rainer] me faites en nia eartre 
lancier, Le matin 1e ferai liurer as eseuiers.  Ohren. des ducs de Norm. 22721: 
Puceles 0d gentes colors E beles dames honorees I sunt a giant dolor livrees; Ä 
mainte bele e proz e sage I toli 1'0m son pucelage. A 
5) Herz. Ernst 1638: Sinen vanen er dö stahte Uf einen turn, der was höeh, 
 Gui de Bourg. p. 103: Au pomel de 1a tor du graut palais plenier Une enseigne 
Vermeille i a fait baloier.  Guiart I, 4390; Puis poitent en 1a mestre toui- Ä 1a 
fenestre den-eniei-e Du roy de France 1a baniere Ä fleurs de lis d'or bien apertes.
	        
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