Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 2)

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Hungersnoth 
Ancona 
1172. 
Schlauheit die belagerte Feste einnehmen. Deshalb soll man nicht 
sogleich nach Abzug der Feinde die Befestigungen verlassen und die 
(Wachsamkeit vernachlässigen, vielmehr soll man die Lage der Feinde 
erforschen, damit diese nicht, was sie offen und ehrlich nicht erkämpfen 
konnten, durch List und Verschlagenheit erreichen." 
Die Berichte, die uns über die Vertheidigungen von Festungen 
vorliegen, sind nicht besonders ausführlich, und deshalb gewinnen die 
Bemerkungen des Aegidius Colonna sehr an Werth. Das wirksamste 
Mittel war immer die Aushungerung. Tortona musste sich ergeben, 
weil den Belagerten das Trinkwasser abgeschnitten war; Mailand und 
auch Crema Helen nicht in Folge der Wirkung der Belagerungs- 
inaschinen, sondern weil die Lebensmittel knapp wurden. Heldenmüthig 
ertrug 1172 Ancona die Belagerung; auf der Landseite wurde die Stadt 
von dem Erzbischofe Christian von Mainz eingeschlossen, den Haien 
blokirten die Venetianer, und so fehlte es bald an Lebensmitteln. Erst 
wurden dieselben theuer; wie uns Boncampagni (de obsidione Anconae, 
cap. 3; Muratori, Script. Rer. Ital. V1) mittheilt, konnte man sich fur 
einen Byzantiner (10,20 Fr. z 8,16 RM.) 1) nicht satt essen. Fünf 
Bohnen kosteten einen Denar (8-10 Centimes), eine Handvoll Spelt 
oder Gerste 20 Denare. Um Pflaster für die verwundeten zu fertigen, 
brauchte man Eier, aber in der ganzen Stadt fand man deren nur zwölf 
vor. Eine mässig grosse Heime wurde mit '20 Solidi (ungefähr 16 RM.) 
bezahlt. 
Auf die Theuerung folgte die entsetzlichste Hungersnoth, die aber 
von den Belagerten heroisch ertragen wurde. Boncampagni erzählt 
(cap. 11): "Die in der Stadt zurückgeblieben Waren, wurden von einer 
Hungersnoth, die sich gar nicht schildern lässt, gepeinigt, denn das 
Brot fehlte ganz und kein Gemüse irgend welcher Art War aufzutreiben. 
Man schlachtete die Pferde, das Zugvieh, die Esel; man ass gierig das 
ekelhafteste Fleisch, denn der Hunger treibt jede Nahrung hinein. 
Doch so gross War die Theuerung solches Fleisches, dass man für 
einen Eselskopf drei Goldstücke zahlte; auch die Eingeweide verschmähte 
man nicht, und nichts Essbares, ausser den Knochen, wurde übrig 
gelassen. Als auch diese Lebensmittel zu Ende gingen, nahm man 
die Häute der Ochsen, Weichte sie lange ein und kochte sie, und 
waren sie gekocht, so assen sie die Einen mit einer gepfelferten Wein- 
sauce, Andere mit Essig, wieder Andere einfach in Oel gesotten. Und 
auf 
1) Wallon (Joinville p. 461) berechnet den Goldbyzantiner (Besant) 
tournois, den S01 tournois auf 1,01 Fr. 
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