Vorkehrungen gegen
Hungersnotxh
und Wassermangel.
373
Ernte beginnt, so hat man aus anderen, nahe gelegenen Orten alles das
anzuschaffen, damit die belagerte Festung nicht Mangel an Lebensmitteln
leidet. Was man nicht in die Festung schaffen kann, oder was hinein-
zuholen sich nicht lohnt, das wird verbrannt, damit es nicht den Be-
lagerern später von Nutzen ist und dieselben die Besitzthümer der Ein-
geschlossenen zu deren Schaden verwenden 1). Wenn man aber eine
langandauernde Belagerung fürchtet, so dass sich die Festung lange
Zeit hindurch halten muss, so ist die Stadt oder Burg ganz besonders
mit Hirse zu versorgen. Denn Hirse verdirbt nicht so leicht und soll
sich besser halten. Auch Vorräthe von Salziieisch sind nicht zu ver-
gessen; und eine reichliche Menge von Salz, das zu vielen Dingen
nützlich ist, kann der Festung nur förderlich sein. Zweitens ist, was
die Verproviantirung anbelangt, nicht allein darauf zu achten, dass
man eine grosse Menge Lebensmittel in die Festung bringt, sondern
auch dass die gesammelten Lebensmittel durch verständige Beamte
(per temperatos erogatores) an die Familien vertheilt werden. Wenn
es sich also machen lässt und wenn die belagerte Stadt gross ist und
von anders her keinen Proviant mehr erlangen kann, dann müssen in
jedem Stadtviertel die Lebensmittel in öffentliche Speicher gebracht
und von vorsichtigen Männern sparsam und einsichtig vertheilt Werden.
Ist die belagerte Stadt von mässigem Umfange, so lässt sich das leicht
durchführen. Es nützt also nichts die Fülle der Lebensmittel, wenn
sie nicht sparsam und mit Einsicht vertheilt werden. Drittens ist
in solcher Lage zu beachten, dass schwache und unnütze Leute, die
zur Vertheidigung 'der Festung nicht taugen, wenn es sich bequem
machen lässt, an einen anderen Ort geschickt werden, denn solche
Menschen verbrauchen und verzehren, was nur an die Krieger vertheilt
werden sollte. Wenn man Mangel an Lebensmitteln befürchtet, so sind die
entbehrlichen Thiere zu schlachten, zu essen oder einzusalzen, wenn
sie essbar sind. Doch bei solcher Gelegenheit wird Vieles gegessen, was
sonst der gewöhnliche Brauch verbietet. Nachdem wir so gesehen,
wie eine Festung sich zu hüten hat, dass sie nicht durch den Hunger
zu Falle kommt, ist es leicht zu ersehen, wie sich Belagerte zu ver-
halten haben, damit sie nicht durch den Durst besiegt werden. Ehe
jemand sie belagert, müssen sie zusehen, in eine solche Festung sich
zu werfen, in welcher Ueberiluss an Wasser ist; wenn keine Quellen da
sind, werden Brunnen gegraben 2). Ist die Stelle so trocken, dass man
1) Vegetius III,
2) Vegetius IV,