372
Vertheidigung
der
Belagerten.
werke und legte neue Befestigungen an. Kam dann der Feind in Sicht,
so läutete man die Sturmglockel) und rief damit Jedermann zu den
Waffen 2); die Thore wurden fest verschlossen, die Zugbrücken auf-
gezogen, die Fallthore in Bereitschaft gesetzt 3). Ja man ging so weit,
die Thore zu vermauern und nur ein kleines Pförtchen, das recht
fest gebaut war, zum Verkehr mit der Aussenwelt offen zu lassen 4).
Auch über die zur Vertheidigung zu ergreifenden Massregeln giebt
Aegidius Colonna uns eine recht bemerkenswerthe Zusammenstellung.
Er fusst wie immer auf den von Vegetius aufgestellten Regeln, fuhrt
dieselben aber weiter aus und giebt über die seiner Zeit übliche
Kriegführung mancherlei Belehrung. In1 21. Capitel (Lib. HI, Pars III)
sagt er: „Es ist aber nicht ausreichend, zu Wissen, wie Festungen zu
erbauen sind, und wie ihre Mauern beschaffen sein müssen, wie sie
gelegen sein sollen, wenn man es nicht versteht, wie sie zu sichern
sind, damit sie nicht so leicht eingenommen werden. Oben wurde
gesagt, dass es eine dreifache Art gebe, Festungen zu erobern, nämlich
durch Hunger, durch Durst und durch offnen Kampf. S0 also müssen
Festungen versorgt werden, dass sie auf keine dieserArten erobert werden
können. Damit sie nicht durch den Hunger zur Uebergabe gezwungen
werden, ist dreierlei zu beachten. Korn, Hafer, Gerste, die einzelnen
Speisevorräthe und alles das Futter, das zum Lebensunterhalt dient,
muss vor Beginn der Belagerung von aussen her in die Festung ge-
schafft werden, und wenn man befürchtet, dass die Belagerung vor der
1) Heinriei Ohren. Livon. III, c. XIV, 5: Sonitu campane, que tantumtnodo
tempore belli pulsatur, populum convocant. Ann. Pegav. 1215: Verum quia
tempore guerre cives (Lipsienses) campanam ad convocandam communitatem fe-
eerant, marchio (Misnensis, Theodericus) ne per concursum multitudinis intentio
sua. üustraretur, tinhinnabulum prefate campane clam tolli fecerat et servari.
2) Bueves de Commarehis 205: Pour ehaseun faire armer 1a grans bancloke
sonne. Lod. van Velthem II, 48: Niet lange na dit sonder waen Ward daer ge-
slegen die stonn-clocken, 0m a1 die gemeente te gader locken.
3) Ren. de Mont. p. 56, 37: Les portes firent clore, fermer et veroiller Et
font les pons lever et contremont drescier, Devant 1a barbakane 1a. graut harre
sachier. Blancandin 4784: Lors iilrent tot li pont leve Et les portes furent fre-
mees. Lors ont lor eoses atornees. Dreeent barbacanes et lices; Si ont les laortes
couleices Atomäes por bien couler. Vgl. Bd. I, S. 27 und 29 f.
4) Parz. 351, 26: A1 ir porten Wärn vermüret; 354, 28: Öwä daz Beärosche ie
geschach, Daz ir porten suln vermüret sin! Percev. 6274: Sfot bien fait murer
et enduire Del castiel totes les entuäes. Bien furent les portes murees De piere
dure et de mortier; Nbnques n'i eut autre portier Mais une petite posterne Dont
li huis lfestoit pas de verne; Celui laissa-on ä murer; Li huis fu por tos jors
durer: De keuvre ert fais {u une baute; En Puis a de fier une quarbe Tsmt que une
carete porte.