Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 2)

Minen. 
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"Ausser diesen "Weisen des offenen Angriffes giebt es noch drei 
andere Arten, die nicht Jedermann bekannt sind: die eine durch unter- 
irdische Gange, die andre durch schwere Steinschleudermaschinen, die 
dritte durch an die Mauern der belagerten Stadt herangeschleifte An- 
griffsbanten. Ueber alle diese drei Arten werden wir hier sprechen 
und zuerst über den Angriff durch Minen (cuniculi). Erstens also 
werden Festungen durch Minen, d. h. durch unterirdische Gange be- 
zwungen. Es müssen nämlich die Belagerer heimlich an einer Stelle 
in die Erde sich graben und vor dieser Stelle ein Zelt oder sonst 
einen Bau hinsetzen, damit die Belagerei" nicht sehen können, wo sie 
zu graben beginnen. Hier müssen sie unterirdische Gange herstellen, 
wie die, welche Silber graben oder Metalladern finden, und diese Gänge 
müssen tiefer sein als die Gräben der zu bezwingenden Festung und 
bis zu den Mauern derselben sich erstrecken. Wenn dies durchzu- 
führen möglich ist, so ist es leicht, die Festung einzunehmen. Dann 
muss man zuerst die Mauern untergraben und mit Holz absteifen, da- 
mit sie nicht sogleich einfallen. Und wenn sie alle Mauern oder den 
grössten Theil derselben so untergruben und unterminirten und sie 
(die Belagerer) sahen, dass sie durch den blossen Einsturz der Mauern 
die Festung erobern konnten, dann müssen sie sofort an die die 
Mauern stützenden Holzsteifen Feuer anlegen, die Mauer ganz oder zum 
Theil zu Falle bringen und dadurch die Gräben ausfüllen. Wenn das 
ganz unvermuthet geschieht, erschrecken die Belagerten und die Stadt 
wird um so leichter eingenommen. Man muss aber darauf achten, 
dass die unterirdischen Gänge immer mit Brettern verschalt oder 
sonstwie geschützt werden, damit die Erde nicht einstürzt und die 
Grabenden erstickt. Auch die aus den Gängen hinausgeschaffte Erde 
ist so zu verstecken, dass sie von den Belagerten nicht gesehen wird. 
Wiederum, sobald das Feuer an die Stützen, welche die Mauer halten, 
angelegt wird, muss der, welcher dies thut, und die bei ihm sind, sich 
an einen sicheren Ort zurückziehen, damit sie durch den Einsturz der 
Mauer nicht verletzt werden. So ist bei dem Angriffe durch Minen 
zu verfahren, denn eine Festung einzunehmen, dazu genügt der Ein- 
sturz der Mauern allein. Hält man aber das für nicht hinreichend, 
wenn schon die Mauern untergraben und unterminirt sind, so legt 
man noch nicht Feuer an, sondern schreitet mit ähnlichen unterirdischen 
Gängen zu den grösseren Befestigungen und den grösseren Mauern 
der belagerten Burg oder Stadt vor, und macht es mit ihnen wie mit 
den Mauern. Wiederum kann man weiter fortgehen und die unter- 
irdischen Gange so anlegen, dass man durch sie in die belagerte Stadt 
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