Kriegsgericht.
Vasallentreue.
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keinen Umständen ein Lager aufzuschlagen. Uneingedenk des Be-
fehles lagern sie aber doch, sobald sie über den Bergkamm hinüber
sind, und nun staut sich das vormarschirende Heer, der Tross kommt
ins Stocken und da die Türken jetzt auch von allen Seiten angreifen,
so entsteht eine arge Verwirrung; die Kreuzfahrer erleiden die em-
piindlichsten Verluste, der König selbst kommt in die grösste
Lebensgefahr. Als er sich (lib. VII) glücklich mit den Trümmern des
Heeres bis ins Lager gerettet hat, da war die Nacht schon angebrochen.
„Diese Nacht verging schlaflos, denn ein Jeder erwartete einen seiner
Freunde, der niemals kommen sollte, oder vergass den erlittenen Verlust,
um froh den nackt Anlangenden zu empfangen. Inzwischen hielt das
gesammte Kriegsvolk dem Gottfried für des Galgens werth, weil er dem
königlichen Befehle über den Tagesmarsch nicht gehorsam gewesen,
und vielleicht bewahrte ihn vor der Strafe nur der Oheim des Königs,
der ja auch seine Schuld mit ihm getheilt hatte. Denn da Beide
schuldig waren, und man des Königs Oheim schonen musste, so konnte
der Eine nicht ohne den Anderen verurtheilt werden." Ich habe schon
des Heinrich von Essex gedacht, der 1157 im Walliser Kriege das
königliche Banner fortgeworfen, den Tod des Königs Heinrich II. ver-
kündet und so nahezu die Niederlage der Engländer verschuldet hatte.
1163 warf ihm Robert von Montfort diese Feigheit vor, der Angeschul-
digte längnete und die Sache wurde im Zweikampfe ausgetragen.
Heinrich blieb für todt auf dem Platze und auf Bitten der Grossen
wurde ihm ein ehrliches Begräbniss in dem nahen Kloster Reading
zugestanden. Da kam er wieder zu sich, genas, wurde aber Mönch1).
Nach Radulfus de Diceto (Imag. Hist. ad a. 1163) wurde er für ehrlos
und seines Erbes für verlustig erklärt.
Im Unglücke aber konnte sich auch die Treue des Lehnsmannes
herrlich bewähren. Ich kann mir nicht versagen, hier eine Stelle aus
dem Gedicht vom Wolfdietrich mitzutheilen, welche jene Vasallentreue
rührend schildert. In der Schlacht mit den Griechen hat Wolfdietrich
sein ganzes Heer eingebüsst, sein Erzieher Berhtunc von Meran von
sechzehn Söhnen sechs verloren. Als nun Wolfdietrich klagtz?)
Mit zorndsprach der alte 'nu läz die klage sin:
Min und mines wibes Wärn diu kindelin.
Nu hilf mir selbe räten und läzen wir den zorn:
Swaz wir dar umbe taten, doch waren si verlorn.
1) Cronica. Joeelirli de
Hist. Anglie. lib. II, c. V.
2) Wolfdietr. A 367.
Brakelonda,
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Guilelmi
Parvi
de
Newburgh