Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 2)

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der Leichen. 
Sieden 
Todten-Capellen, die später unter dem Namen Karner 1), Carnariai, 
bekannt sind, dürfen wir wohl nicht denken, denn diese waren mehr 
Beinhäuser, bestimmt, die aus dem Kirchhofe aiusgegrzlbenen Gebeine 
aufzunehmen, als zur Bestattung frischer Leichen geeignet 2). Die im 
Heere anwesenden Geistlichen sprachen ihren Segen über den Gräbern 
der gefallenen Krieger. 
Vornehme Leute begrub man nicht gern im fremden Lande; man 
zog es vor, ihnen ihre letzte Ruhestatte an geweihter Stelle, bei den Grä- 
bern ihrer Vorfahren, ihrer Angehörigen bereiten. Die Leichen ein- 
zubalsamiren, dazu fehlte es bei einem Feldzüge an Zeit und Mitteln, 
und so entschloss man sich dazu, den Leichnam zu zerstücken und 
die Stücke so lange mit Wasser und Wein zu kochen, bis sich die 
Knochen vom Fleische lösten. Diese Gebeine wurden dann parfümirt 
nach der Heimath gebracht; das Fleisch jedoch begrub man an einer 
schicklichen Stelle. Ludwig lll. Landgraf von Thüringen starb "bei 
der Rückkehr vom Kreuzzüge am 15. October 1189 in Cypern. Sein 
Bruder liess den Körper sieden und das Herz pulverisiren. Die Knochen 
und das Herz nahm man nach Deutschland mit und bestattete sie in 
Reinhardsbrunn; das Fleisch wurde in Cypern beerdigt (Ludwigs 
Kreuzfahrt 812051). 1190 wurde der Leichnam Friedrich Barbarossas 
nach Antiochia gebracht und dort gesotten; das Fleisch setzte man 
in der Kathedrale bei; die Gebeine brachte man einstweilen nach 
Tyrus, später wollte man sie, wenn Jerusalem gefallen, in dieser Stadt 
beisetzen (ltin. Reg. Ric. I, 24). Als der Landgraf Ludwig IV. von 
Thüringen, der Gemahl der h. Elisabeth, 1227 in Otranto starb, wird 
er erst (h. Elis. 4746 ff.) in weisse Tücher gehüllt, dann aber behan- 
delt man den Leichnam in gleicher Weise (h. Elis. 3580 HI): „lr herren 
si enthelten: Mit ein si sich berieden, Daz si in liezen sieden. Si namen 
daz gebeine, Clar unde reine, Wiz alse ein gevallen sne. Nach gar 
dugentlicher e Die reinen pilgerine Vermahten iz in schrine, Beslozzen 
1) Rolandslied 7579: Thie töten hiez er zesainene tragen: Ein karnäxe wart 
thim gegraben. Sie bliesen ire horn. Thie biscofe Wolten zesamene komen Unt 
andere gelerten. Wie wole sie got geerte, Thie thä mite Wären, Thaz sie thie 
heiligen bivilde sähen! Sie bestateten sie alsus Cum mirra. et aromatibus. 
2) Alix. p. 444, 5: Ses hommes fait li rois ricement entierer; Puis fait {am -j- 
carnier, si com Toi conter.  Hier werden die Todten also erst bestattet, dann 
der Karner gebaut, in dem später die Gebeine gesammelt werden sollen.  La 
Conqueste de 1a Bretagne 1064: Le roy fist fere ung charnier bien oupvre De 
bonne pierre, en bon mortier scelle. Illec fut mys le peuple Dumme De Qui en 
bataille ot este decolle. Une chapelle üst sur Ies martyrs De; Sur le charnier fut 
le moutier fonde De saint Estiene en fut le inestre aulte.
	        
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