238
Vorbereitungen
zur Schlacht.
die Pferde nicht zur Hand haben, ihren Ueberfall nicht gewärtigen.
Fünftens muss er fleissig erforschen, wann die Feinde einen langen
Tagemarsch gemacht haben; dann sind sie ermüdet und die Pferde
abgespannt. Wenn sie da angegriffen werden sollten, so werden sie
schnell den Rücken kehren. Sechstens soll nach Vegetius der Heer-
führer selbst oder durch Andere unter seinen Feinden und Gegnern
Uneinigkeit und Misshelligkeiten zu veranlassen suchen, sie zu Streit und
Feindschaft erregen, dass sie sich unter einander nicht mehr trauen.
Wenn er dies nämlich gethan hat und sie dann angreift, so werden
sie, weil sie zu einander kein Zutrauen haben, leicht in die Flucht
geschlagen werden. Aber diese Massregel ist, obgleich sie Vege-
tius vorbringt, nicht hoch anzuschlagen, denn sie scheint dem
Anstande (den guten Sitten) zu widersprechen. Siebentens
muss er sorgfältig erkunden die Lage der Feinde, wie es ihnen geht,
wie sie sich behaben, wer ihr Anführer ist, auf wen der Anführer am
meisten traut, wie ihre Sitten sind. Denn wenn man die einzelnen
Verhältnisse erforscht hat, dann findet sich leichter ein Weg, die Feinde
zu bekämpfen und zu bekriegen."
Aegidius giebt dann im funfzehnten Capitel sehr verständige Rath-
schläge für den Fall, dass es der Feldherr für angemessen erachtet, einer
Schlacht auszuweichen. „Die erste Vorsichtsmassregel muss er dem
eignen Heere gegenübenanwenden. Denn wenn der Feldherr einen
Kriegsrath abhält (und es wird beschlossen), dass nicht gekämpft
werden soll, dann darf er das nur Wenigen offenbaren, es nicht dem ganzen
Heere mittheilen, damit die Soldaten nicht aus Furcht fliehen und von
den nachsetzenden Feinden niedergemacht werden. Der Feldherr muss
also so verfahren, dass das Heer nicht glaubt, er wolle fliehen, sondern
an einer anderen Stelle einen Hinterhalt bereiten und um so heftiger
die Feinde bekriegen. Die zweite Vorsicht ist dem feindlichen Heere
gegenüber zu beachten. Denn er muss den Krieg hinziehen, ohne
dass die Feinde das merken. Darum betreiben das Viele lieber zur
Nachtzeit als bei Tage, und Mehrere wenden die Vorsicht an, dass
sie die Ritter in Schlachtreihe den Feinden gegenüberstellen und sie
so hindern, die Fusstruppen zu sehen, die nun heimlich abziehen.
Ist dies geschehen, so können dann leichter die Ritter die Vorstössc
der Feinde vermeiden. Zu beachten ist auch, dass, wenn man so der
Schlacht ausweicht, die Reihen niemals sich theilen und zersplittern
dürfen, denn wenn die Feinde etwa die vor dem Kampfe Fliehenden
verfolgen sollten, so würden sie mehr niedermachen und den Fliehen-
dcn grösseren Schaden zufügen, als wenn diese Kehrt machten und