Vorbereitungen zur Schlacht.
237
sie die erforderliche Ruhe genossen haben. Das Sechste ist die Liebe
und Eintracht derselben. Denn wie körperlich getrennte Feinde leichter
besiegt werden, um so schneller werden im Geiste und im Wollen
entzweite Heere unterliegen; denn grösser als die Entfernung der
Leiber wirkt da der Zwiespalt der Geister. Und hinwicderum: wenn
die Feinde nicht zersplittert, sondern in einen Heereskörper geeint
sind, so sind sie kriegstüchtig um vieles mehr, wenn sie sich unter
einander lieben, einträchtig im Geiste und llvollen sind; weil sie mehr
Vertrauen zu sich haben, werden sie auch mannhafter und tüchtiger
zur Schlacht sein. Jede Liebe nämlich ist eine vereinigende Kraft,
und die Liebe eint mehr der Liebenden Herzen, als die Lebens-
gemeinschaft die Körper. Wenn daher Vereinigung an einem Orte
und Zusammenwirken die Krieger stärker macht, so macht Liebe und
Herzenseintracht sie inannhafter. Siebentens befördert die Macht-
entfaltung eines Heeres der Umstand, dassAlles, was es selbst angeht,
geheim gehalten wird. Denn e besser man die Lage der Feinde kennt,
um so eher wird ein Weg gefunden, wie sie zu bekämpfen sind; je
unbekannter aber ihre Lage ist, desto weniger weiss man sie zu
bekämpfen. Nachdem nun aufgezählt wurde, was die Feinde "zunr
Widerstande besonders fähig macht, kann man leicht begreifen, wie
und in Welcher Weise man seine Feinde angreifen muss; denn da in
den sieben angeführten Fallen die Feinde stärker sind, so muss man
Sie angreifen und bekämpfen, sobald sie sich in der entgegengesetzten
Lage befinden. Zuerst muss also der Feldherr durch Hinterhalte oder
auf irgend eine andere Weise sorgfältig erkunden, wann die Feinde
Zerstreut sind; dann muss er sie angreifen, weil sie keine Kraft zum
Widerstand haben. Zweitens muss er fieissig ihre Märsche erforschen,
den Uebergang über Flüsse, die Passirung steiler Berge, von WVald-
engen, schwieriger Sümpfe oder Strassen, und da sich ihnen gegen-
überstellen, weil sie so leichter besiegt werden. Drittens muss er auf
die Zeit Acht haben; wann die Sonne den Feinden in die Augen
scheint, der Staub und der Wind ihnen ins Gesicht Weht, dann soll
er sie angreifen, denn sobald ihre Augen (lIITClI die Sonne geblendet,
durch Wind und Staubbelästigt sind, können sie nicht gut sehen,
Wie sie kämpfen sollen, und so werden die Feinde die Flucht ergreifen
müssen. Viertens muss der Feldherr sich so mit der Zeit einrichten, dass
er seine Leute speisen und ruhen, auch ihre Pferde sich erholen lässt,
damit sie unvennuthet die Feinde überraschen können, dass sie dieselben
angreifen, wann sie Speise zu sich nehmen oder wann sie schlafen,
wann sie sich sicher glauben und unbewaffnet, müssig, ohne Schuhe sind,