Karten.
Recognoscirungsdetachements.
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dawären, ihm kein Schaden zugefügt werden könnte. Daher sagt man
auch im Sprichwort: wer ist bewacht, wird nicht verlacht. Immer
also muss der Führer, dem so Vieler Leben anvertraut ist, aufmerksam
und wachsam sein, damit die Feinde ihn nicht angreifen können,
während er nachlässig, gleichsam im Schlafe ist. Es müssen der Heer-
führer, die Obersten, die Hauptleute (centuriones et decani) und die
anderen Vorgesetzten im Kriege die Ritter und die Fussknechte
immer ermahnen, dass sie waifenbereit sind, damit, wenn ein schneller
Angriff erfolgt, sie den Angreifern widerstehen können. So würde,
gesetzt den Fall, eine plötzliche Attake geschähe, dieselbe gewisser-
massen vorausgesehen sein und weniger Schaden thun. Achtens ist
zu überlegen, worin das Heer besonders stark ist, ob es zahlreicher
an Fussvolk oder an Reiterei ist. Reiter vertheidigen sich nämlich
besser im freien Felde, die Fusstruppen jedoch in waldigem und
bergigem Terrain. Je nachdem daher der Heerführer sieht, dass sein
Heer Ueberiluss an Reitern oder an Fussvolk hat, wird er breite
Strassen in der Ebene oder bergige, waldige Wege wählen, durch
Gehölze ziehen und das Andere nach bester Erkenntniss besorgen."
Zu den trelflichen Rathschlägen des erfahrenen Cardinals habe
ich nur wenig noch zu bemerken. Es ist wohl zu beachten, dass er
den Gebrauch der Terrainkarten so angelegentlich empfiehlt. Ob man
thatsächlich öfter sich derselben bedient hat, das muss dahingestellt
bleiben, da die Historiker uns über sie gar nichts überliefern. In-
dessen ein Argumentum a silentio würde hier wenig beweisen. Aegidius
sagt übrigens auch nicht, dass die Karten vielfach verwendet wurden,
sondern hebt nur ihren Nutzen hervor. Dass es Seekarten, die so-
genannten Portulanen schon damals gab, ist ja sicher, auch sind
Weltkarten erhalten, warum soll man da nicht ebenfalls Terrainkarten
entworfen und bei Feldzügen gebraucht haben.
Wenn er dann die Nützlichkeit einer leichten Reiterei hervorhebt,
S0 empfiehlt er nur, was die Heerführer schon von Alters her als
praktisch erkannt hatten. Die expediti equites, welche so oft genannt
Werden (s. Waitz a. a. O. 114, Anm. 1) scheinen, wie dies Aegidius
Colonna verlangt, unter. anderen Diensten auch die der Eclaireurs
geleistet zu haben. Diese Recognoscirungs-Detachements werden von
den deutschen Dichtern "Vorriter" 1) genannt, von den Franzosen
1) Lohengr. 5007: Posüner noch tampüren schal dorft nieman dä erschellen, Unz
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