Volltext: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Bd. 2)

Vorsichtsmassregeln beim Mnmsche. 
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Sobald das Heer in Feindesland einrückte, musste es mit grösster 
Vorsicht geführt werden. Aegidius Colonna (de regimine principum 
lib. III, p. III, cap. XI) sagt: „Wir können aber für jetzt acht Punkte 
aufzählen, die der Führer zu beachten und fest eingeprägt zu be- 
halten hat, damit er das Leben der ihm untergebenen Krieger rettet. 
Erstens, dass er die Strassen der Gegend kennt, durch welche das 
Heer marschiren muss; die Entfernungen der Oertlichkeiten, die Be- 
schaffenheit der Strassen, die Richt- und Nebenwege (coinpendia et 
diverticula), die Berge und Flüsse, die auf diesem Marsche ihm vor- 
kommen, muss er verzeichnet bei sich haben (debet habere conscripta). 
Ja wenn der Heerführer diese Wege und Stege und die 
Flüsse gemalt vor sich hätte,könnte er sich durch den Augen- 
schein überzeugen, wie sein Heer Vorrücken soll, und so 
sicherer dasselbe führen'). So machen es auch die Seeleute, die 
in Anbetracht der Gefahr des Meeres, damit ihre Fahrzeuge nicht 
Schiffbruch leiden, Seekarten entwarfen, auf denen die Seehäfen, die 
Gefahren des Meeres und dergleichen in richtigem Verhiiltniss ver- 
zeichnet sind, und aus deren Betrachtung die Seeleute sofort ersehen, 
wie sie weiter segeln müssen, an welchem Orte sie sich befinden, 
Wovor sie sich zu hüten haben. Denn wegen der Hinterlist der Feinde 
ist das Heer auf dem Marsche ebenso vielen und vielleicht noch mehr 
Gefahren ausgesetzt, als die Schiffer auf dem Meere. Unter keinen 
Umständen darf das Heer auf einer Strasse Vorrücken, auf der es von 
Hinterhalten Schaden nehmen könnte, wenn nicht der Befehlshaber 
die Beschaffenheit der Wege, die Berge, Flüsse und was sonst auf 
dem Marsche vorkommt, verzeichnet oder ab gemalt bei sich hat. Die 
zweite Vorsicht ist, dass der Befehlshaber, obschon er die Strassen 
und ihre Beschaffenheit verzeichnet und abgemalt bei sich hat, Führer 
miethet, die dieser Wege kundig sind, die sie öfter durchwandert 
haben, sie genau kennen. Denn das, was man verzeichnet oder ab- 
gemalt sieht, ist doch an sich nicht so bekannt, als was wir sinnlich 
Wahrnehmen. Denn besser ist die Erkenntniss einer Sache, wenn man 
Sie selbst sieht, als wenn man sie durch eine Abbildung oder der- 
gleichen kennen lernt. Damit jedoch die Führer nicht auf Täuschung 
Sinnen, muss der Heerführer ihnen eine gute Wache beigeben, so dass 
Sie nicht fliehen können. Er muss sie auch mit dem Tode bedrohen, 
1) Immo si viae illae et passus et flumina, dux exercitus haberet depicta, 
quasi oculorum aspectu prospiceret, qualiter exercitus deberet pergere, tutius 
Posset suum exercitum ducere.  Vgl. Vegetius 111, ö. 
Schultz, höf. Leben. II. 14
	        
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