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Carroccio.
Der Wichtigkeit des Fahnenwagens entsprach die prächtige
Ausstattung desselben. Schon Benoit de Sainte More hatte in seinem
Roman de Troie 7845-7878 den prächtigen Wagen der Trojaner
geschildert, und nach ihm versucht dies Konrad von Würzburg (Troj.
30010 Da hat der Wagen Räder und Naben von Ebenholz,
Speichen von Elfenbein; die Deichsel und die Axen sind von Silber,
und ein goldig leuchtendes Dach aus gesottenem Leder bedeckt den
ganzen Bau, welcher von Hellebardieren bewacht wird. Mag nun in
Wirklichkeit ein so kostbares Material nicht in Anwendung gekommen
sein, so ist es doch sehr Wahrscheinlich, dass man dies Gebäude,
welches man mit solchem Stolze werth hielt 1), künstlerisch gestaltet,
bemalt und vergoldet hat.
Das Carroccio der Parmesen hatte auch einen Namen, Blancardunl
(Ann. Parm. maj. 1250); dieser Fahnenwagen fiel 1250 in die Hände
der Cremonesen, wurde jedoch 1281 gegen den von den Parmesen
1248 eroberten Carroccio von Cremona, den Ganyardus oder richtiger
die Berta (vgl. Salimbene 1247), ausgewechselt. Hier nennt der Annalist
den Wagen der Parmesen Regolium Parme (Ann. Parm. maj.).
Gewöhnlich weht vom Carroccio die Fahne des Fürsten, der Ge-
meinde. So sah man auf dem Wagen der Mainzer in der Schlacht
von Gellheim 1298 das Banner mit dem Bilde des h. Martin 2). Otto IV.
führte jedoch 1214 bei Bouvines nicht das Reichswappen auf seiner
Standarte, sondern einen Drachen 3), der frei ausgeschnitten oder
plastisch gebildet an dem Maste befestigt war. Es ist dies das alte
Wappenbild der Sachsen (schon Widukind gedenkt desselben) 4);
aber auch die Briten kennen dasselbe 5). Auf den "Darstellungen der
1) Rolandini Patzwini Ohron. lib. IX: In hoc (earroccio) enim pendet honor,
vigor et gloria, Paduani Communis.
2) Ottokar von Steier (DCLXXXI) bei Massmann, Kzuiserchron. H, p. 661 v.
614: Ir kamötsche man jaeh Grözer richeite. Ein sturmvan breite Der üf ge-
stecket swebte; Dar in geworht, als er lebte, I1" härre sente Martin Und der dürf-
tige sin, Dem er den mantel halben gap.
3) Guil. Brito, Philipp. XI (Duchesne V, 228): Erigit in carro paluln, pale-
que draconem Implicat ut possit procul hinc atque inde videri. Guiart I,
6830: Fait lors son estandart drecier; 6832: Un graut dragon ot sus 1a. perehe,
Qui fu sus nn biau char posee; Vers France ot 1a. gueule baäe, Pour le reaume
chalengier, Come s'il deust tout mengier. Cis dragons soustint 1a boniere Des
connaissances Penqoeriere Qußil porte an bel et 2m lore. Desus ot un aigle dorö
C'est signe de guerre cuisznnt.
4) Gesta Saxonum I, 11: Hie arripiens signunl, quod apud eos habebatur sacrum,
leonis atque draconis et desuper aquilae volantis insignitum efiigie. Auch Schon
beiAmm. Marcell, 1. XVI, cap. 10, 7 u. cap. 12, 39. Draconalius ib. lib. XX, c.4, 18.
5) Pierre de Langtoft I, 132: Deus draguns de fyn or fet le roy forger, L'un