Carroccio.
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still schwieg, wenn der Feldherr Halt gebot 1) (Fig. 89). Um die
Fahne Wirksamer vertheidigen zu können, befand sich auf dem Wagen
selbst eine erlesene Besatzung, die durch zinnenartige Schutzwehren
gegen die Feinde einigermassen wenigstens gedeckt war2); so konnte
das Carroccio als eine Festung en miniature verwendet werden.
Das Umwerfen desselben zu verhindern, Waren an den Ecken Pfähle
befestigt, Welche tief in die Erde eingerammt wurden 3). Gelang es
den Feinden dennoch, sich des Fahnenwagens zu bemächtigen, ihn um-
zustürzen, dann war die Schlacht gewöhnlich entschieden 4). Man
baute aber nicht bloss auf die Tapferkeit des Heeres, sondern stellte
die Fahne am liebsten auch unter den Schutz Gottes und seiner
Heiligen. Wie die Engländer in der Standartenschlacht ein Ciborium
mit der geweihten Hostie und verschiedene Reliquien auf ihrem Car-
roccio haben (s. S. 196, Anm. 5), so lassen die Dichter auch die Un-
gläubigen ihre Götzenbilder mit in den Kampf nehmen 5).
1) Lohengr. 5001: Ein gröze glocke ein karrutsch zöch, Diu dar üf gemachet
was mit püwe höch. Daz was bezeichent in, swenn man sie lüte, Daz sie den
vür sich solden zogen. Swenne mans niht hört, sö wmrens unbetrogen, Daz man
in danne dä mit halden bedüte.
2) Titnr. 828: Kanadischen ouch da giengen dar inne die starken zuwre, Dar
uf sie umbe viengen ir stnrm vanen veste sam die moure Für war dar umbe
giengen hoch mit Zinnen. Uf stunneliches hurten kein dinc den vanen aldo
moht gewinnen (Druck: erherten).
3) Lod. van Velthem Iib. III, c. 12 (Schlacht von Woeringen 1288): Nu werd
n hier vord geteld, Hoe syn standert (des Erzbischofs von Cöln) werd gevelt.
Hi stont vaste op enen wagen, Daer of geset was ende beslagen Van starken
planken een casteel, Daer liede binnen waren een deel. Ende dat casteel hadde
binnen, Daer nien stont ten storme binnen. Met gescutten ende met gewere,
Alse 111611 pleget iegen here. Grobe orsse inet gewonlde Togen daer men heb-
ben woude. Grote bome daer boven hingen An dien binnen 1116i] starken ringen;
Die dede man werpen dan dar buten Ende neder vaste in d'eerde sluten. Det
nien niet mochte werpen omme Noch vorwerd minnen noch achter crommen.
4) Lod. van Velthem lib. II, c. 8: Doe die standart gevaJlen was Ende men't
in 't here vernam oec das, Dat haer here were gevaen, Doe ward dat here a1 on-
daen. Rom. de Rou 13970: (die Engländer bei Hastingsö E dunc unt bien
aperceu E Ii alkanz recogneu Ke Pestandart esteit oben, I3] 1a novele vint e crut
Ke niorz esteit Herant por ireir, Ne kuident mais secors aveir. De 12b bßtßillß S8
partirent, Cil ki porrent fuir fuirent. Als die Deutschen in der Schlacht von
Bouvines erfahren, dass die Franzosen ihre Standarte umwerfen, üiehen sie. Guiart,
I, 6899.
5) Herz.ErnstD4687ii'. (s. 8.198, Anm. 1). Willeh.352,1: Den selben got (Ter-
Vigant) hiez Terramär Und ander eine gote her Setzen üf managen höhen mast,
Daz was iedoch ein swaerer last: Kancäschen giengen drunter, Die zugen dä. be-
Sunder Gewäpendiu merrinder; starke liute (ez Wäm Iliht kindßr) Meniißn Si
mit garten. Cf. 360, 24.