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Soldtruppen.
Wir sehen also, dass eine Vorbildung auch für die Fusstruppen
für nothwendig angesehen wurde. Wie diese Uebungen stattfanden,
davon sagen unsere Quellen allerdings nichts. Die Städter hatten
wohl Gelegenheit, sich im Dienste ihrer Stadt eine gewisse Kenntniss des
Waffenhandwerks zu erwerben. Ich habe schon (I, S. 133) nach William
Fitzstephen geschildert, wie die Londoner Bürgersöhne sich an Fest-
tagen in den WaiTen übten. Aber den Bauern war ja das Tragen der
Waifen (I, S239 f.) verboten; wie sollten sie, zum Kriegsdienste gezwungen,
nun plötzlich die erforderliche Geschicklichkeit besitzen? Zu Nitharts
Zeit suchen es die Bauern allerdings auch darin den Rittern gleich-
zuthun, dass sie Turniere veranstalten, jedoch bleibt es immerhin eine
offene Frage, wie früher die Leute, aus denen die Fusstruppen sich
recrutirten, vorgebildet worden sind. Sie mussten doch mindestens
zu marschiren, Tritt zu halten gelernt haben, mit den Waffen einiger-
massen Bescheid wissen, ehe man sie im Heere nutzbar verwenden
konnte. Und dass sie im Kriege selbst sich aneigneten, was ihnen
fehlte, dazu dauerten wieder die Feldzüge nicht lange genug.
Das niedere Volk (daz povel) wurde nöthigen Falls zum Dienste
gezwungenl), aber um es willig zu erhalten auch entschädigt?) und wenn
eine Stadt belagert wurde, dann mussten alle Einwohner die Waffen
ergreifen und die Vertheidigung übernehmen 3). Neben den dienst-
püichtigen Landesangehörigen verwendete man aber im Kriege auch
angeworbene Soldtruppen und diese waren besonders werthvoll 4), da
sie, wie es scheint, aus dem Kriegsdienste ein Handwerk machten,
1) Parton. 20830: Ouch wart daz povel an den strit Ze ros getwungen und ze
fuoz. Für war ich in daz sagen muoz, Swer da ze kampfe tohte Unde iht helfen
mohbe, Der muoste dise reise dö.
2) Troj. 20846: Ros, silber unde rich gewant. Het er gegeben siner diet: Da.
von si willeclichen schiet Durch sin gebot von hüse.
3) HTroj. 9859: Kneht, gebar, koufman Masten ysen tragen an (d. h. im
belagerten Troja).
'4) Parton. 3250: In driu lant si künden hiez Und ernestliohe anbieten, Swer
sich mit guote mieten Wolte lazen üf den strit Daz der kaeme ze der zit, Man
gaebe im silber unde golt. Durch den vil keiserliehen solt Gewan si gnuoc von
gesten; vgl. 3986 ff. Es kommen da Krieger aus Franken und Sachsen, Bädern
und Schwaben, Lothringer, aus Flandern, Spanien, England, aus Poitou und
Anjou, aus Friesland, der Gascogne, Parma, Bologna, Pavia und Mailand, und
alle lassen sich anwerben. Rom. de Rou 11312: (Wilhelm der Eroberer vor
dem Zuge nach England) Poiz a requis ses boens veizins Bretuns, Mansels et
Angevins, Cils de Pontif e de Boloigne K'0d li viegnent en sa besoigne. Ä cils
ki voldrent pramist terre, Se Engleterre poet cunquerre; Ä plusurs pramist
livreisuns, Riches soldees e boens duns. De par tut manda soldeiers Ki el gaaing
vunt volontiers.